Vereinsabend März 2019

NACHLESE
Vereinsabend
zeitgleich außerordentliche Generalversammlung und Vorstandswahl
Freitag, 08.03.2019

In der außerordentlichen Generalversammlung und Vorstandswahl wurden mit Stimmenmehrheit Gerhard Kermer als Vorsitzender und Peter Messerer als Stellvertreter bestätigt; Gerhard Zartl ist Kassier, Roland Muttenthaler sein Stellvertreter; Jürgen Stapf übernimmt die Funktion des Schriftführers, Manfred Hackl die seines Stellvertreters.
Als Fachbereichsleiter ist Peter Messerer Sternwarteleiter und Projektleiter Sternwarteausbau, Wolfgang Aron betreut das Projekt VisBeo (Objekt-Dokumentation Visuelle Beobachtung), Jürgen Stapf ist zuständig für Mitgliederschulung und ist Koordinator Beobachtungstermine, Gerhard Kermer ist verantwortlich für Führungen und Öffentlichkeitsarbeit.
Martin Kainz und Maga. Barbara Trinkl wurden als Rechnungsprüfer gewählt.

Besonders erfreulich ist, dass der Bescheid für die Geländeumwidmung eingelangt ist. Nach der Baugenehmigung wird das Bauvorhaben in Angriff genommen.

In einem etwa 20-minütigen Vortrag berichtete Bernhard Burger, ANTARES-Mitglied, über seine Erfahrungen mit Astrofotografie auf ROBOTIC-Sternwarten: beruflich viel unterwegs, kann er aus Teleskopen unterschiedlicher Größe und einer Anzahl von auch auf der Südhalbkugel liegenden Beobachtungsorten auswählen, der Preis richtet sich nach Teleskopgröße, die Ergebnisse sind sehenswert.

Über „Gravitationswellen aus der Sicht eines Physikers“ berichtete im Anschluss Kurt Descovich, Hobbyastronom und Redakteur des Rundschreibens „sonne+zeit“ der GSA.
Kurt Descovich, geb. 30.09.1945, besuchte von 1959-1964 das TGM Wien 9 (Motoren- und Kraftfahrzeugbau); nach der Ableistung des Präsenzdienstes (Einjährig Freiwilliger, Pioniere und Hubschrauber-Bodenmannschaft) studierte er von 1965-1972 an der TU Wien Theoretische Physik (Prof. Hittmair), 1969 trat er in die Fa. Medek & Schörner (Präzisionsmechanik und Elektronik (heute „Mechatronik“), Erzeugung von Maschinen für die Kabelindustrie) ein, deren Geschäftsführer er in den Jahren 1985-2012 war.
Mit gelegentlichen Vorträgen („Führungen“) an der Kuffner-Sternwarte in Wien ab 1998 erfolgte sein Einstieg in die (Hobby-) Astronomie.
Nach dem Bau einer Sonnenuhr in Allentsteig im Jahr 2009 kam er in Kontakt mit Walter Hofmann und wurde Mitglied bei der 1990 von Karl Schwarzinger gegründeten GSA (Gonomonicae Societas Austriaca = Arbeitsgruppe Sonnenuhren im Österreichischen Astronomischen Verein), ab 2010 ist er Redakteur des zweimal jährlich erscheinenden Rundschreibens „sonne+zeit“ der GSA.
Seit 2009 Mitglied bei der Waldviertler Astronomischen Gesellschaft (WAG), die in Höhenberg, nahe der tschechischen Grenze, eine Sternwarte betreibt, hat Kurt Descovich immer Freude mit astronomischen, physikalischen und mathematischen „Fingerübungen“ – er ist lieber Theoretiker als praktisch beobachtender Astronom.

Bereits von Albert Einstein in seiner Allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt, dass Energie in Form von Gravitationswellen von beschleunigten Massen ausgestrahlt wird, hat Einstein aber wegen ihres äusserst geringen Einflusses auf die Raumgeometrie (relative Längenänderungen 10-21!) daran gezweifelt, dass Gravitationswellen jemals nachweisbar sein würden.
Das Thema von Kurt Descovichs Vortrag war „Gravitationswellen aus der Sicht eines Physikers“, wo er auf die Herausforderungen für den Nachweis dieser Gravitationswellen einging.
Voraussetzung für den Nachweis von Gravitationswellen ist, dass die Massen groß sind und ihre Beschleunigung beträchtlich ist; das ist beim Verschmelzen von zwei Neutronensternen oder Schwarzen Löchern gegeben!
Zu Lebzeiten Einsteins waren diese technischen Möglichkeiten zum Nachweis nicht gegeben; bereits in den 1960er Jahren wurde versucht, mittels Resonanz-Zylindern Gravitationswellen zu messen, in den 1970er Jahren wurde die Möglichkeit der Verwendung von Interferometern für diese Suche realisiert.
Einen indirekten Hinweis auf die Existenz dieser Wellen gab es durch den im Jahre 1974 von Russell Hulse entdeckten Doppelpulsar PSR 1913+16. Die Variationen in der Umlaufbahn dieses Doppelsystems stimmten exakt mit den Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie zur Abstrahlung von Gravitationswellen überein. 1993 erhielt Russell Hulse für diese Entdeckung den Nobelpreis für Physik.
Am 14.09.2015 gelang der internationalen LIGO-Gruppe erstmals der erste Nachweis eines Gravitationswellen-Signal („GW 150914“)!
LIGO (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory / Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium) besteht aus zwei Observatorien, deren Hauptaufgabe ist die direkte Messung von Gravitationswellen kosmischen Ursprungs.
Die beiden LIGO-Observatorien befinden sich, etwa 3000 km voneinander entfernt, in Hanford (Washington) und in Livingston (Louisiana); das Licht benötigt für die Strecke zwischen den beiden Stationen benötigt 10 ms. Da sich Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, kann aus dem Laufzeitunterschied zwischen mindestens drei in diesen Observatorien gemessenen Signalen auf die Position der eigentlichen Quelle am Himmel geschlossen werden. Außerdem können dadurch zahlreiche irdische, sich langsamer ausbreitende Störungen (wie Vibrationen, entfernte Erdbeben etc.) ausgeschlossen werden.
Jedes Observatorium besitzt ein L-förmiges Ultrahochvakuumsystem mit einer Schenkellänge von jeweils vier Kilometern, in dem ein Laser-Interferometer untergebracht ist. Das Observatorium in Hanford besitzt ein zweites, im selben Vakuumsystem untergebrachtes Interferometer mit einer Schenkellänge von zwei Kilometern.
Ursprünglich 1992 von Kip Thorne, Ronald Drever (Caltech) und Rainer Weiss (MIT) gegründet, beschäftigt das LIGO-Projekt inzwischen hunderte Wissenschaftler in über 40 Instituten weltweit.
Das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), Hannover, arbeitet sehr eng mit dem Institut für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover zusammen. Beide Institute spielen eine führende Rolle bei der Entwicklung der Gravitationswellenastronomie. Die Konstruktion, der Betrieb und die Weiterentwicklung des Gravitationswellen-Detektors GEO600 in Zusammenarbeit mit dem globalen Netzwerk der anderen großen Detektoren sind Aufgaben der Institute. Das AEI ist federführend in der Vorbereitung der Satellitenmissionen LISA Pathfinder und LISA.
LISA Pathfinder (SMART-2) ist ein Forschungs- und Erprobungssatellit der ESA zum Test der Messgeräte und Technologien für die geplante Mission eLISA/NGO (Evolved Laser Interferometry Space Antenna/ New Gravitational wave Observatory); mit denen Techniken zum Nachweis von Gravitationswellen erprobt werden.
Für den Nachweis der Gravitationswellen erhielten Forscher der LIGO-Gruppe 2017 den Nobelpreis für Physik.

Inzwischen (Jänner 2019) kann man stolz auf 11 registrierte Signale verweisen, von denen eines, „GW170817“ durch das Verschmelzen zweier Neutronensterne erzeugt wurde; dieses konnte auch als Gammastrahlungsblitz GRB170817A in der Galaxie NGC 4993 im Sternbild Hydra registriert werden.

Im Vortrag wurde auf die Schwierigkeiten des experimentellen Nachweises von Gravitationswellen und ihre Lösung sowie auf die Ortung ihrer Quellen am Sternenhimmel eingegangen.
In der anschließenden Frage – und Antwortrunde wurde noch auf Details eingegangen.

Weiterführende Links (Auswahl)
https://de.wikipedia.org/wiki/LIGO
https://www.aei.mpg.de/165375/AEI_Hannover
https://de.wikipedia.org/wiki/LISA_Pathfinder

Der anschließende Teil gehörte unseren Mitgliedern, mit astronomischen und privaten Plaudereien endete dieser Vereinsabend.

VORSCHAU
Vereinsabend
Freitag, 12.04.2019
Treffen ab 18:00 h
19:00 h Begrüßung, Vereinsnachrichten
19:15 h Skypen mit Paul
Paul Beck berichtet über seine Forschungsbereiche
19:30 h Univ.-Prof. Dr. Gerhard Hensler
Institut für Astrophysik Wien, Universität Wien
Zwerggalaxien – die idealen Laboratorien
zum Verständnis astrophysikalischer Prozesse

Gerhard KERMER
Vorsitzender
Öffentlichkeitsarbeit und Führungen
M 0664 73122973
E gerhard.kermer@aon.at