Merkurtransit am Montag 09.Mai 2016

Am 09.05.2016 passierte Merkur seinen absteigenden Knoten, er stand im Sternbild Widder in unterer Konjunktion zur Sonne – Nach dem 07.05.2003 (Dauer etwa 05h 20m.) kam es in unseren Breiten wieder zu einem MERKURTRANSIT!

Ab etwa 11:30 h trafen die ersten Mitglieder auf dem Sternwartegelände ein, Teleskope wurden aufgestellt, Fotoapparate einsatzbereit gemacht, im Sonnenobservatorium das LUNT-Sonnenteleskop aktiviert, auf dem weiteren Teleskop ein Weißlichtfilter montiert. Auf der Sonnenoberfläche zeigten sich eine größere und mehrere kleinere Sonnenfleckengruppen, am Sonnenrand waren mehrere Protuberanzen auszumachen.

Bei besten Wetterbedingungen und wolkenlosen Hkurz nach 13:12 h die Meldung: Am Sonnenrand ist eine kleine Eindellung auszumachen – TELESKOPE FREI für die Beobachtung des Merkurtransits. Etwas nach 13:15 h hat sich Merkur, mit einem von Äquatordurchmesser von 4879,4 km der kleinste Planet unseres Sonnensystems, vom Sonnenrand gelöst und ist als kleiner dunkler Punkt vor der Sonnenscheibe auszumachen. Die nächsten Stunden sind verplant: Die Dauer der sichtbaren Finsternis beträgt 7 Stunden 8 Minuten; der Sonnenuntergang erfolgt um 20:20 h, der Austritt und somit das Ende des Merkurtransits um 20:41 h kann in unseren Breiten daher nicht mehr beobachtet werden. Wir wechseln zu anderen Teleskopen, vergleichen, diskutieren das Ereignis, beobachten im LUNT-Sonnenteleskop, unterhalten uns mit den Fotografen, Erfahrungen werden ausgetauscht, Vergleiche mit den Venustransits vom 08.06.2004 und 06.06.2012, wo Venus als bereits mit freiem Auge wahrnehmbarer Punkt vor der Sonnenscheibe vorbeizog, angestellt.

13- bis 14-mal pro Jahrhundert ereignen sich Merkurtransite in einem Abstand von 3½, 7, 9½, 10 oder 13 Jahren zum vorherigen Transit. Vergleichbar mit einer Sonnenfinsternis bedeckt Merkur nur – je nach Abstand von der Erde – zwischen 0,026 ‰ und 0,043 ‰ der Sonnenfläche, verursacht daher keine merkliche Verfinsterung auf der Erde. Sonne, Merkur und Erde stehen dabei fast exakt in einer Linie (untere Konjunktion), der Planet Merkur wandert als winziger schwarzer Punkt (bei Vergrößerung als kleine Scheibe) innerhalb mehrerer Stunden von Ost nach West über die Sonnenscheibe. Johannes Kepler (1571 – 1630) konnte 1609 nach dem Tod Tycho Brahes auf Grund der von Brahe sehr genau dokumentierten Planetenpositionen die mathematischen Gesetzmäßigkeiten der Planetenbewegungen in seinen drei Keplerschen Gesetzen festschreiben, seine daraus folgenden Berechnungen der Himmelspositionen der Planeten gingen als Rudolfinische Tafeln in die Geschichte der Astronomie ein, seltene Himmelsereignisse wie Planetentransite können damit berechnet werden. Pierre Gassendi beobachtete am 07.11.1631 als erster Mensch einen Merkurdurchgang.

Ein Zyklus der Merkurdurchgänge dauert 46 Jahre, 46 Erdumläufen stehen 191 Umläufe des Merkur um die Sonne gegenüber. Danach steht Merkur von der Erde aus gesehen wieder an exakt derselben Position, die Abweichung von diesem Zyklus beträgt 0,34 Tage. Wegen der geringen scheinbaren Größe des Planeten ist ein Merkurtransit mit dem freien Auge nicht zu beobachten.

Die siderische Umlaufzeit des Merkur um die Sonne beträgt 87,969 Tage, Merkur ist damit deutlich schneller als die Erde (365,25 Tage), daher überholt Merkur die Erde etwa alle 108 bis 130 Tage auf der „inneren“ Umlaufbahn. Die Merkurbahn ist gegen die Erdbahn um 7,0051º geneigt, daher zieht Merkur bei einer unteren Konjunktion meistens ober- oder unterhalb der Sonnenscheibe vorbei.

Schneidet die Merkurbahn die Erdbahn in einem der beiden sog. Bahnknoten, erfolgt ein Transit. Derzeit befindet sich die Erde um den 10. November (aufsteigender Knoten) und um den 7. Mai (absteigender Knoten) an dieser Position. Die hohe Exzentrizität der Merkurbahn von 0,2056 bewirkt, dass sich etwa zwei Drittel aller Merkurdurchgänge am aufsteigenden Knoten im November (weiter entfernt) ereignen und nur ein Drittel am absteigenden Knoten im Mai.

Bei Mai-Transiten hält sich Merkur am sonnenfernsten Punkt seiner Bahn (Aphel) auf, er bewegt sich mit seiner nahezu kleinstmöglichen Bahngeschwindigkeit (38,9 km/s), bei November-Transiten steht Merkur nur wenige Tage vor seinem sonnennächsten Punkt seiner Bahn (Perihel), er erreicht fast seine höchstmögliche Bahngeschwindigkeit (Folge des 2. Keplerschen Gesetzes, mit 59 km/s über 50 % höher als im Aphel), Mai-Transite dauern daher auch länger als November-Transite. Durch die Verschiebung der Bahnknoten werden ab dem Jahr 3426 Merkurtransite im Juni und Dezember stattfinden.

Seine maximale Finsternis erreichte der Merkurtransit an diesem Tag um 16h 55m 54,5s, Merkurs Größe betrug 0,635%, er deckte 0,004% der Sonnenoberfläche ab.

Wir haben den Merkurtransit auf dem Sternwartegelände als Öffentliche Führung in der Zeit von 16:00 h – 20:00 h bei freiem Eintritt angeboten. Angekündet in Veranstaltungskalendern und bei regionalen Tourismusbüros, Aushänge in Gemeindestuben, Kontakte mit Printmedien und Radiostationen machten auf dieses astronomische Großereignis und auf die Öffentliche Führung aufmerksam. Radio Arabella brachte ein Interview, ORF NÖ wies auf die Führung hin, NÖN und „Bezirksblätter“ berichteten, bei der KRONENZEITUNG waren wir bei den Veranstaltungstipps als TOP-Veranstaltung ausgewiesen. Obwohl Montag und somit Arbeitstag, war das Interesse der Bevölkerung geweckt, gegen 16:00 h kamen die ersten Besucher: Familien und Großeltern mit Kindern, Einzelpersonen, Mitglieder besuchten uns. In den Teleskopen wurde Merkur beobachtet, über einen längeren Zeitraum die scheinbare Bahn und die Ortsveränderung Merkurs über die Sonnenoberfläche verfolgt. Im Sonnenobservatorium wurde die Sonne sowohl im Weißlicht als auch mit dem LUNT im ha-alpha-Licht gezeigt, auf einem PC konnte die Sonnenoberfläche detailgetreu mit den Magnetfeldlinien und der Sonnenrand mit beeindruckenden Protuberanzen gesehen werden. In einem Vortrag wurde Wissenswertes über Merkur vermittelt. Und im HWir konnten auch einen Reporter von den Bezirksblättern, Redaktion Lilienfeld, mit seiner Familie bei uns begrüßen. Neben der Beobachtung des winzigen dunklen Punktes und der Erklärung dieses Phänomens wurde auch die Sternwarte mit den Observatorien präsentiert.

Sonnenuntergang war um 20:20 h, der Austritt konnte daher in unseren Breiten nicht mehr beobachtet werden.

Der nächste Merkurtransit wird am 11.11.2019 stattfinden. Merkur wird sich um 13h 34m MEZ vor die Sonne schieben, den Austritt um 19h 04m MEZ werden wir nicht mehr mitverfolgen können, da die Sonne bereits um 16h 25m untergeht.

Nicht mehr erleben werden wir besonders auffällige Transite:

Am 05.04.15232 findet ein Venustransit während einer Sonnenfinsternis statt. Während die Totalität nur wenige Minuten dauert, benötigt die Venus einige Stunden, um vor der Sonnenscheibe vorbeizuziehen. Noch länger muss man auf einen gemeinsamen Merkur- und Venustransit warten: Am 26.07.69163 ziehen die beiden Planeten gleichzeitig vor der hell strahlenden Sonne vorbei.

Die Sonne verschwand hinter den Waldbäumen. Gegen 20:00 h wurden die Geräte abgebaut, manche verfolgten den Sonnenuntergang außerhalb des Geländes, die meisten brachen auf. Die folgende sternklare und mondlose Nacht wurde jedoch auch von Mitgliedern weiter für Himmelsbeobachtung genutzt.

Was uns besonders freut:

25 Mitglieder und zahlreiche Besucher haben das Sternwartegelände mit Leben erfüllt.

Ein astronomisches Ereignis, wo einesteils Himmelsmechanik anschaulich mitverfolgt werden konnte, aber auch Sonnenbeobachtung im Vordergrund stand – einige Flecken und Protuberanzen konnten bei besten Wetterbedingungen beobachtet werden.

Die Besucher waren vom Merkurtransit, von den Aktivitäten und von der Anzahl der aufgestellten Teleskope auf dem Sternwartegelände beeindruckt – perfekte Werbung für das Wissensgebiet Astronomie und für persönliche Himmelsbeobachtung, vulgo Sternderl schauen, aber auch für unsere Öffentlichkeitsarbeit.

Astronomie ist auch für Besucher von Interesse, wenn man es nur anbietet.

  • Gerhard Kermer
  • Vorsitzende Stellvertreter, Teamleiter Öffentlichkeitsarbeit und Führungen