Nachlese Oktober VA 2016 – Supernova änderte Klima auf der Erde

Freitag, 14.10.2016, Vereinsabend im Gasthof Graf, St. Pölten.

Um 18:00 h sind die ersten Mitglieder bereits eingetroffen, Gabi Gegenbauer kann um 19:00h mehr als 25 Mitglieder zu diesem Vereinsabend begrüßen.

Beim Community-Day, organisiert von Franz Viehböck und dem Österreichischen Weltraum Forum (ÖWF) im Rahmen des 29. Planetary Congress der Association of Space Explorers (ASE), konnten am 05.10.2016 Raumfahrtinteressierte jeden Alters Astronautinnen und Astronauten in der FH St. Pölten hautnah erleben. Neben einer Ausstellung von Modellen von Raumsonden, gebaut von Peter Messerer, stellte Gabi Gegenbauer im Vorprogramm den Verein vor, Peter Messer führte mit einer Power-Point-Präsentation durch das Sonnensystem. Begleitet von Cordula Steinkogler (ÖWF), berichteten die US-Astronautin Lucid Shannon (5 Einsätze, 1 x Mir, 4 x Space-Shuttle) und der SU-Kosmonaut Oleg Kotow (3 Einsätze auf ISS) über das Leben und Arbeiten im Weltraum und über die Überwindung des Kalten Krieges (cold war) durch die friedliche Nutzung und völkerübergreifende Zusammenarbeit im Weltall. Im Anschluss standen sie für Fragen zur Verfügung. 8 ANTARES-Mitglieder nahmen neben etwa 30 Besuchern an dieser Veranstaltung teil.

Nach einer kurzen Himmelsübersicht und einer Vorschau auf die kommenden Vereinsnachrichten von Rudolf Sanda berichtete Fritz Lensch über die Anfangsschwierigkeiten und die erfolgreiche Behebung der Störfaktoren in kritischen Wellenbereichen beim e-Callisto-Sonnenspektrometer. Einige Beispiele anderer Anlagen zeigten die völlige Ausschaltung der Störfaktoren im gesamten zu detektierenden Wellenbereich.

Nach einem Überblick über die Themen der Vortragenden an den folgenden Vereinsabenden und angedachten Lösungsmöglichkeiten zur Ausschaltung externer Lichtquellen nächst dem Sternwartegelände sowie der Vorstellung der Ziele des geplanten Vereinsausflugs 2017 nach Linz konnte Gerhard Kermer als Vortragenden Dr. Ramon Bruno Egli von der ZAMG Wien begrüßen.

Geboren 1971 in Locarno / CH, absolvierte Dr. Egli von 1990 – 1993 das Fachstudium Physik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) und von 1993 – 1998 das Fachstudium Erdwissenschaften. 1998 erhielt er das Diplom in Naturwissenschaften, von 1999 – 2003 Arbeit an der Dissertation „Magnetische Mineralogie von Seesedimenten“, 2003 promovierte er.

Nach Aufenthalten in den USA und in München ist Dr. Egli seit 2011 Leiter der Sektion für Geomagnetismus und Gravimetrie und Stellvertretender Leiter des Geophysik-Bereichs der ZAMG Wien. In seinem Vortrag „Von Meeresschlamm zu Sternexplosionen“ berichtete er über die Entdeckung von Supernova-Explosionsspuren in der Erdgeschichte und deren möglichen klimatischen Auswirkungen. Etwa 40.000 Tonnen extraterrestrischer Materie kommen jährlich auf die Erdatmosphäre, meistens in Form von interplanetarischem Staub. Quert das Sonnensystem sogenannte Dunkelwolken, dürften solche Einträge viel höher sein, globale Abkühlungsevents durch die Verminderung der Sonneneinstrahlung könnten ausgelöst werden. Erhöhte Iridium-Konzentrationen in Seesedimenten können mit bekannten Massenaussterbungen in Verbindung gesetzt worden sind.

In einem über vier Jahre laufenden Forschungsprojekt ist es dank einer Zusammenarbeit zwischen TU München und ZAMG erstmals gelungen, eine direkte, zeitaufgelöste Supernova-Explosionsspur durch radioaktive Eisen-60 Isotope (Halbwertszeit 2,61 Millionen Jahre), die normalerweise auf der Erde nicht vorhanden sind, nachweisen zu können.

In Tiefseesedimenten des Pazifiks aus einer Seeregion etwa 1.000 Kilometer westlich von Peru wurden winzige Spuren dieses Isotops (1 Atom unter eine Million von Milliarden „normalen“ Eisenatome) in Magnetit-Nanokristalle aus Sedimentschichten nachgewiesen, die vor 1,5 bis 2,8 Millionen Jahre abgelagert worden sind. Die natürliche Abfolge der Ablagerungen wird dort nicht gestört, über die Jahrmillionen entstand ein Archiv der Erdgeschichte.

Diese Magnetit-Nanokristalle sind zum Teil die Überreste sogenannter magnetotaktischer Bakterien, welche Magnetit als magnetischen Kompass für die Navigation im Sediment benützen. Als der Eisen-60-Staub die Atmosphäre erreichte, wurde er Bestandteil des globalen Eisenzyklus und somit auch von diesen Bakterien verarbeitet.

Da der Anteil an Eisen-60 nur sehr gering war, war die riesige Herausforderung bei dem Projekt, überhaupt etwas zu messen.

Am Teilchenbeschleuniger der Technischen Universität München, wo sich sogar ein Partikel unter zehn Billiarden detektieren lässt, gelang das aber. Aufgrund der sehr geringen, aber doch unterschiedlichen Konzentrationen des Isotops in verschiedenen Sedimentschichten wurde zudem klar, dass die ersten außerirdischen Teilchen die Erde vor 2,8 Mio. Jahren erreichten und sie dann ganze 1,3 Mio. Jahre einhüllten.

Laut Berechnungen von Astrophysikern muss die Supernova damals ungefähr 100 Lichtjahre entfernt stattgefunden haben, zum Glück, denn ab einer Entfernung von etwa 30 Lichtjahren würde ein solches Ereignis erhebliche Auswirkungen auf das Leben auf der Erde haben.

Geologisch gesehen, stimmt der Eisen-60 Eintrag mit einer globalen Abkühlungsphase – und die damit verbundene Extinktion verschiedener Tierarten – im früheren Pleistozän überein. Ob dieser Event tatsächlich durch kosmischen Staub ausgelöst worden ist, steht jedoch in Frage. Ein tief greifender Klimawandel mit einem Massenaussterben kann praktisch ausgeschlossen werden, jedoch führt eine Supernova zu einem Anstieg der Teilchenstrahlung aus dem Weltall. Solche Partikel können neuen Erkenntnissen zufolge einen Ausgangspunkt zur Wolkenbildung darstellen. Schätzungen zufolge hat diese Supernova vermutlich zu 15 Prozent mehr kosmischer Strahlung geführt und einen gewissen Klimawechsel verursacht haben; es gibt Hinweise darauf, dass zu dieser Zeit mehrere Muschelarten ausgestorben sind.

Da Eisen-60 über einen sehr langen Zeitraum weitgehend gleichmäßig überall auf der Welt verteilt wurde, könnte man es auch als „Marker“ einsetzen, um mehr darüber herauszufinden, wie das Metall auf der Erde zirkuliert. Das sei wichtig, weil sich von Eisen viele kleine Meeresbewohner ernähren, deren Häufigkeit wiederum damit zusammenhängt, wie viel von dem Treibhausgas CO2 von den Lebewesen aus der Atmosphäre genommen werden kann. Das hilft, um vergangene Bedingungen auf der Erde festzustellen.

Dr. Egli stand nach dem Vortrag für weitere Fragen zur Verfügung.

Der weitere Verlauf des Vereinsabends nahm seinen gewohnten Verlauf, er gehörte unseren Mitgliedern: Persönlicher Austausch, Fachgespräche, Astrofotos, kurze Besprechungen zu Vereinsterminen oder einfach nur privat plaudern. Dieser Mix macht jeden unserer Vereinsabende zu einem gelebten Fixpunkt in unserem Vereinsleben.

Was uns besonders freut: ANTARES hat 110 Mitglieder!

An diesem Vereinsabend konnten wir 3 neu eingetretene Mitglieder herzlich willkommen heißen. Wir wünschen unseren neuen Mitgliedern VIEL FREUDE mit dem Hobby Astronomie und zahlreiche gemeinsame Aktivitäten und Beobachtungsabende mit Gleichgesinnten!

  • Gerhard KERMER
  • Vorsitzende Stellvertreter
  • Teamleiter Öffentlichkeitsarbeit und Führungen

         

     

               

Fotograf und copyright: Martin Kainz