Australien – Ein Ausflug in die Astronomie 1998

Spontan, überraschend und kurzfristig geplant, fliege ich mit meinem Mann nach Australien. Mit einem Campingbus fahren wir über 3300 km von Sydney im SO bis nach Cairns im NO. Im Flugzeug stelle ich an Hand einer Liste fest, daß es eine Vielzahl an astronomischen Möglichkeiten „entlang“ unseres Weges (teilweise mit Umwegen über 400 km) gibt. Hiermit möchte ich meinem Mann für sein Verständnis und seine Geduld danken, da die erste Hälfte unseres Urlaubes eine Astronomiereise geworden ist.

1. Tag: SYDNEY

In Sydney angekommen, meint es das Wetter nicht gut mit uns. Es schüttet in Strömen und starke Windböen machen das Herumspazieren in der Stadt unmöglich. Aber das Observatorium muß sein.

Das Sydney Observatorium wurde 1859 von Alexander DAWSON gebaut und ist heute ein Museum. In den beiden Kuppel befinden sich ein 123 Jahre alter Refraktor und ein LX 200 Meade 16“. Erstaunlich finde ich, daß ein 3 m langes Refraktormodell gebaut wurde, um den Besuchern das System anschaulich erklären zu können. Einige alte Instrumente, wie ein 100 Jahre alter Meridiankreis, gibt es ebenfalls zu besichtigen. Ich lerne einen jungen Astrophysikstudent kennen und nach viel Plaudern und Erfahrungsaustausch bin ich für den Abend zu einer Führung am Südhimmel eingeladen. Aber leider regnet es am Abend nach wie vor und wir beschließen weiter in das Landesinnere, in die Blue Mountains, zu fahren. Um 22Uhr 100 km weiter, auf 1000 m Höhe, zeigt sich ein Traumhimmel. Ich bin überwältigt. Ich sehe zum ersten Mal den gesamten Skorpion, Orion und Löwe liegen verkehrt herum und die Milchstraße zieht sich mit traumhaft leuchtkräftigen Sternen über den gesamten Himmel. Ich kann es nicht fassen. 3 Stunden früher hatte ich ein Teleskop, aber keinen Himmel, jetzt einen Traumhimmel, aber kein Teleskop. Mein Herz blutet, ich sitze bis 4 Uhr Früh und lasse den Südhimmel an mir vorüberziehen. Am nächsten Tag erfahre ich, daß es in der Nähe das KINGS TABLELAND OBS. gegeben hätte. Was soll man machen.

2.Tag: KATOOMBA FALLS OBSERVATORY

Die Blue Mountains sind eine wunderschöne Gebirgskette mit Schluchten, Tälern, Wasserfällen und urwaldähnlichen Bäumen. Dort befindet sich die steilste Bahn mit Schienen und Seil der Welt. Bei 52° und einer Länge von 419 m legt die Bahn 229 Höhenmeter zurück. Der Transport ist etwas eigenartig. Man liegt auf dem Rücken und ist umgeben von Stahlträgen und Fangnetzen. Man fährt durch einen Tunnel, sieht nichts und denkt, jetzt sollte das Seil nicht reißen.

In der Nähe befindet sich das KATOOMBA FALLS OBS. samt Cafe, welches wir natürlich zu Fuß erkunden müssen. Es erwartet uns ein Cafehaus mit einem Besitzer, der den Besuchern auf Wunsch mit seinem 5“ Refraktor, Astrophysics 600 und H Alfa Filter die Sonne näherbringt. Na ja. Aber mit einem fürchterlichen Australisch -Englisch- Dialekt, haben wir uns bestens unterhalten. Bruce Jessup möchte gerne mit Sonnenfotografen in Verbindung treten, um Erfahrungen auszutauschen. Ich bin gerne bereit Adressen zu vermitteln.

Am Abend Weiterfahrt nach HUNTER VALLEY. Hunter Vally ist berühmt für seine guten Weine und wir besuchen einige Winzer, wobei eine Verkostung nicht ausbleiben darf.

Auf der Strecke suche ich verzweifelt nach dem KOOLANG OBS. & SPACE SCIENCE CENTRE. Aber mit ungenauer Landkarte läßt es sich nicht finden. Am Abend zeigt sich wieder einmal ein Traumhimmel. Am Campingplatz angekommen, suche ich mit meinem Feldstecher die Milchstraße ab und lerne einige markante Sternbilder am Südhimmel. CRUX, CARINA, CENTAURUS UND LMC sind absolut nicht schwer zu finden.

3. Tag: SKYWATCH OBSERVATORY

Es fällt die Entscheidung. 400 km Umweg nach Coonabarabran zum größten Teleskop Australiens mit 3,9 m Spiegel oder die geplante Route weiter. Noch dazu entdecke ich, mit noch einmal 200 km Umweg in Narrabri, die größte Radioteleskopanlage Australiens. Nachdem in Coonabarabran das SKYWATCH OBS. mit einem 12,5“ Newton Führungen anbietet und bestes Wetter vorherrscht, fällt die Entscheidung, wir fahren hin. Ein kurzer Anruf samt Anmeldung zur Führung am 12,5“ Newton und ich freue mich auf den Abend.

Während der Fahrt entdecken wir eine Abkürzung, welche sich zwar als 30 km Pistenstrecke mit Schlaglöchern wie bei einer Safari entpuppt, aber wir haben 100 km eingespart. Wir fahren durch eine Traumgegend, leicht gebirgig mit Laubwald, Nadelwald, Palmen, futuristisch anmutenden Bäumen und Sträuchern, Pferden, Kühen, weißen Kakadu und………Känguruh. Ab 17h beginnt ein traumhafter Sonnenuntergang und ab 18h ist es stockdunkel. 1 Stunde vor Führungsbeginn stehe ich vor dem SKYWATCH OBS. Einige Wolken bereiten mir Sorgen. Um 19h ist der Himmel völlig zugezogen und es findet keine Führung statt. Diavortrag und Kleinplanetarium helfen nicht, über meine Enttäuschung hinwegzukommen.

4. Tag: COONABARABRAN

Das SIDING SPRING OBS. mit dem größten optischen AAT Anglo Australischen Teleskop mit 3,9m Spiegel liegt auf 1134m Höhe in dem wunderschönen WARRUMBUNGLE Nationalpark.

Siding Spring wurde im Jahre 1964 als Forschungsteil des Mt. Stromlo Observatorium gegründet. In dieser Anlage befinden sich sieben weitere Teleskope, die von Wissenschaftlern der ganzen Welt zu Forschungszwecken benutzt werden.

ANGLO AUSTRALISCHE TELESKOP AAT: Dieses Teleskop ist eines der präzisesten Teleskope der Welt und Astronomen benutzen es, um die schwächsten und weitest entfernten Objekte des Universums zu studieren. Das AAT hat einen 3,9m Spiegel, welcher es zu dem größten optischen Teleskop der Welt macht. Mit seiner exzellenten Optik und den modernsten Geräten und Detektoren ist das AAT an erster Stelle der Forschung auf allen Gebieten der Astrophysik.

Nachfolgend einige Entdeckungen und Ergebnisse:

Beobachtung d. Entwicklung von Supernova 1987 A

Messungen chemischer Zusammensetzungen in dem schwachen Stern CD -38°245.Dieser Stern hat 10 mal weniger Eisen und andere schwere Elemente als irgendein anderer bekannter Stern.

Erforschung der Wolken nahe an der Oberfläche des Planeten Venus

Entdeckung des ersten Quasars mit einer Rotverschiebung größer als 4, das weitest bekannte Objekt im Universum.

Technische Details des AAT:

Kuppeldurchmesser 37 m

Kuppelhöhe 24 m

Kuppelgewicht 560 Tonnen

Umdrehungszeit 5 Min.

Hauptspiegel 3,893 m überzogen mit 2,5 g Aluminium 63 cm dick Gewicht: 16,19 Tonnen

8 Nebenspiegel zwischen 0,376 – 1,47 m

Gewicht d. größten Spiegels 860 kg

Weitere 7 Teleskope befinden sich in dieser Anlage:

1 m Teleskop aus dem Jahre 1964, hauptsächlich für CCD Fotografie

40 cm Teleskop mit einer Weitfeldkamera für Aufnahmen großer Gebiete.

60 cm Teleskop zur Bestimmung der Leuchtkraft und Farbe von Sternen

2,3m ATT: Das zweitgrößte Teleskop in dieser Anlage. Kann von überall etwas.

UPPSALA Schmidt T. aus dem Jahre 1980,benutzt einen sphärischen und nicht einen Parabolspiegel mit einer 60 cm Korrekturplatte. Wird hauptsächlich zur Entdeckung von Asteroiden verwendet

UK Schmidt T, einfaches optisches System aber eine Korrekturlinse mit einer Blende von 1,2m, ein Gesichtsfeld 6 mal größer als das AAT (6×6 Grad)

UNSW APT 53cm T, Erforschung von Supernovas, Beobachtung erdnaher Asteroiden, Gammaausbrüche.

NARRABRI: CSIRO TELESKOPE

200 km weiter in Narrabri befindet sich das PAUL WILD OBSERVATORIUM mit der größten Radioantennenanlage unserer Südhalbkugel. 5 fahrbare Antennen auf einer 3 km langen Schiene und einer weiteren 3 km entfernten fixen Antenne, jede mit 22m Durchmesser und einem Gewicht von 270 T ergeben zusammengeschlossen eine „Schüssel“ mit einem Durchmesser von 6 km. Kombiniert mit den zwei Antennen aus PARKS u. COONABARABRAN ergibt das eine „Schüssel“ von 300 km Durchmesser.

Der Empfänger wird auf -253°C abgekühlt um störende Radiowellen der Erde auszuschalten. Es ist möglich, so schwache Signale zu empfangen, daß die Energie dieser Signale 70.000 Jahre brauchen würde, um einen Wassertropfen um 1°C zu erwärmen. Die Energie, die von allen Radioteleskopen der gesamten Welt bisher empfangen wurde, ist weniger als die Energie die frei wird, wenn ein Regentropfen auf die Erde fällt. Bei diesen Größenordnungen ist es verständlich, daß Australien der Weltführer in der Radioastronomie ist.

Dieser Tag war für mich der aufregendste und interessanteste und hat mich für Versäumtes entschädigt.

5.Tag:

Am nächsten Tag geht es 660km nach N in Richtung Küste. Im Umkreis von ca. 200km gäbe es noch eine Menge interessanter Plätze. Aber Australien bietet nicht nur Astronomie. Wir fahren durch eine futuristisch – romantische Waldgegend, klettern in Höhlen, schwimmen unter Wasserfällen in eiskalten Naturpools (dafür gibt es dort keine Krokodile) und bestaunen von oben den Regenwald mit der längsten Gondelbahn (6km) der Welt.

Obwohl ich unvorbereitet nach Australien geflogen bin, eine ganze Menge astronomischer Plätze nicht besuchen konnte, habe ich zwei Highlights erleben dürfen, neue Kontakte geknüpft und festgestellt, daß Australien eine Astronomiereise wert ist.

Allein im Umkreis von 500 km rund um Sydney gibt es ca 50 Profi- u. Amateurobservatorien wo Besichtigungen und Führungen angeboten werden.

Anschließend ein kleiner Auszug davon:

CANBERRA: Mt. Stromlo Observatory (war vor dem AAT das größte Obs. von Australien)

Teleskop mit 1,9m Spiegel, 1 Heliostat

CANBERRA,TIDBINBILLA: Deep Space Communication Complex. Hauptverbindungsanlage zum NASA Deep Space Network.

PARKS: Radioteleskop mit 30m Durchmesser

Das größte Radioteleskop Australiens

KOOLANG: Obs. & Space Science Center mit O,5 m Teleskop. Über 5000 Studenten haben dieses Obs. bereits besucht. Koolang Obs. hat von der ASA für ihren Kampf gegen den Lichtsmog eine Auszeichnung erhalten.