Schweiz – ein kurzer astronomischer Ausflug 2003

von 1. bis 6. August 2003 Teilnehmer: Gabi Gegenbauer, Otto Braumandl, Monika Geier u. Robert Lassinger

Fr. 1. August: 7 Uhr Früh Abfahrt

Trüb und nass geht es los Richtung Schweiz. Aber die Wettervorhersage gibt Hoffnung, dass es besser wird. Nach 620 km erreichen wir Feldkirch. Unsere erste Übernachtungsstation ist eine äußerst urige Jugendherberge. Wir haben Glück denn das Wetter ist traumhaft geworden. Sommer, Sonne, klarer Himmel ………..schön! Nach einem guten thailändischen Essen und einigen Cocktails geht es zurück in die Herberge. 620 km Autofahren macht doch etwas müde.

Sa. 2. August Mittag: Sternwarte Kreuzlingen am Bodensee

Um 8 Uhr 30 geht es – vorbei am wunderschönen Bodensee mit faszinierenden Fachwerkbauten entlang dem Ufer Richtung Kreuzlingen. Nach hilflosem Suchen weil es keine Hinweisschilder zur Sternwarte gibt und einigen Telefongesprächen finden wir um 11 Uhr die Sternwarte bzw. das Planetarium Kreuzlingen.

Robert Testa, der Präsident der Astronomischen Vereinigung Kreuzlingen (AVK) zeigt uns die Anlage. Faszinierend was es da alles zu sehen gibt: Vortragsräume, ein Fotolabor, eine Kuppel mit mehreren Teleskopen, ein wunderschönes neu erbautes Planetarium mit Unmengen an Projektoren, Aufenthaltsräumen, Besprechungsräumen, Tonstudio usw. Besonders bemerkenswert ist das Model unseres Sonnensystems sowie einige Sternbilder für Sehbehinderte und Blinde. Die Informationen von Hr. Testa über den Bau und das Betreiben ihres Planetariums hat uns bewusst werden lassen, welch enormer finanzieller und persönlicher Einsatz dafür notwendig ist. Das Planetarium wurde im Sommer 2002 eröffnet und hat seither bereits 20.000 Besucher.

Kernstück ist der Skymaster ZKP 3 von Zeiss. Er projiziert 7000 Sterne an die Kuppel welche einen Durchmesser von 10 Meter hat. Der Hauptprojektor wird automatisch von einem PC kontrolliert, kann aber auch manuell gesteuert werden. Ebenfalls automatisch angesteuert werden die sechs All-Sky-Projektoren und die zwölf Panoramaprojektoren. Der Ablauf eines Jahres wird in einer Planetariumsshow dem Publikum gezeigt, Sterne und Sternbilder erklärt und mit einem eigenen Programm mit dem Namen „ Die Reise des kleinen Kometen zur Sonne“ wird in Märchenform den Kindern die Welt der Kometen näher gebracht. Nach vierjähriger Planungs- und Bauphase wurde die Sternwarte im Oktober 1976 eröffnet. Seither finden jährlich an die 4000 Besucher den Weg in die Sternwarte. Kernstück der Anlage ist ein 48 cm Cassegrain mit 5 m Brennweite. Dazu gibt es einen 12,5 cm Refraktor mit 1,30 m Brennweite und einen 9 cm Refraktor mit Protuberanzenansatz. Weiters projiziert ein Heliostat das Sonnenlicht von der Terrasse in den Vortragsraum, wobei das Bild der Sonnenscheibe fast einen Durchmesser von 1 m erreicht. Diaprojektoren mit mehreren Tonbildschauen und Simulationsgrogrammen stehen im Vortragsraum zur Verfügung. Nach zwei Stunden sind wir bestens informiert und wir ziehen weiter.

Sa. 2. August Abend: Sternwarte Uecht bei Bern/Niedermuhlern

Gegen 17 Uhr erreichen wir die nächste Station unserer Reise. Die Sternwarte Uecht in der Nähe der Schweizer Hauptstadt Bern. Eine Überraschung besonderer Art erwartet uns auf der Sternwarte Uecht. Der Präsident der Stiftung „Privatsternwarte Uecht Dr.h.c.Willy Schaerer“ Kurt Nicklaus hat uns freundlicher weise eine Übernachtungs-möglichkeit organisiert.

Ungewöhnlich etwas, da die Besitzers des Gasthofes an diesem Wochenende Urlaub machten und daher im ganzen Haus so gar niemand da war. Die Schlüssel einfach stecken lassen und das war es. Aber das Besondere kommt noch. Hr. Nicklaus fährt mit uns äußerst zügig die enge und kurvige Straße Otto ließ die Reifen quietschen – auf die Sternwarte in 1000 m Höhe. Zwischendurch noch ein Blick auf das wunderschöne Panorama der Umgebung. Die Sternwarte Uecht ist eine besonders liebe und kleine Privatsternwarte mit historischem Charakter. Wahrlich ein Kleinod für sich. Ein Newton-Reflektor 32 cm Doppel-Schmidtkamera und ein 50cm Newton Reflektor, beide 50 Jahre alt. Für mich besonders überraschen war die hervorragende Abbildungsqualität des Newton, wobei der Spiegel bereits vor 50 Jahren handgeschliffen wurde. M13 mit einem 4 mm Okular springt uns gestochen scharf ins Auge.

Wir fühlen uns sehr wohl. Hr. Nicklaus hat uns zu einem typischen Schweizer Raclette Essen eingeladen. Bei Melone zur Vorspeise, verschiedensten Schweizer Käsesorten, Kartoffeln und Weißwein, sowie Maiskölbchen, Gurkerl, Perlzwiebeln und Ananas verbringen wir einen sehr gemütlichen Abend in privater Atmosphäre. Vielen Dank an Hr. Nicklaus. Wir haben uns wirklich willkommen und wie zu Hause gefühlt. Ich freue mich wenn uns Hr. Nicklaus auch einmal besucht.

So. 3. August Mittag: Sternwarte Sirius in Sigriswill

Weiter geht es entlang des Thunersees. Wir haben Glück mit dem Wetter. Es ist traumhaft schön und ziemlich war. Schweiz zeigt sich von seiner schönsten Seite. Ein tiefblauer Thunersee mit vielen Segelschiffen, wunderschönen Fachwerkbauten, vielen alten Holzhäusern mit Unmengen an Blumen an jedem Fenster und überall in den Gärten. Umgeben von gewaltigen Gebirgszügen Schnee bedeckt, kahl oder grün, alles ist zu sehen. Wir fahren die enge Bergstraße auf 1075 m Höhe und treffen um 10 Uhr auf der Sternwarte Sirius ein. Hr. Theo Gyger Präsident dieser Stiftung erwartet uns bereits. Die Sternwarte bzw. das Planetarium wurde von Spenden finanziert und mit enorm viel persönlichem Einsatz vor Hr. Gyger innerhalb eines Jahres gebaut.

Die Sternwarte besteht aus einer 5 m Kuppel von der Firma Baader und beinhaltet einen 63,7 m Cassegrain (Rithey-Chretien) mit 4,8 m Meter Brennweite welche von der Firma Marcon aus Italien gebaut wurde. Besonders interessant ist eine eigene elektrische Hebebühne für Rollstuhlfahrer. Endlich eine Coelostat von der Firma Kohler. Von dieser Firma stammt übrigens unsere Montierung. Hr. Gyger ist so freundlich und stellt uns den Coelostat ein.

Das Licht der Sonne wird über einen Strahlengang in das Planetarium geleitet und dort im Weißlicht mit 1 m Durchmesser auf die Kuppel projiziert. Wunderschön sind die Sonnenflecken zu erkennen. Gleichzeitig können wir die Protuberanzen durch einen 0,5A H Alpha Filter bewundern. Das Planetarium hat 70 Sitzplätze welche bewusst lose gestellt wurden damit für Rollstuhlfahrer jederzeit Platz gemacht werden kann. Mit einem Zeiss ZKP-2 Projektor werden 6000 Sterne auf die 8 m Kuppel projiziert. Sonnen- und Mondphasen sowie Planetenbewegungen werden über div. Video- All-Sky, DVD- und Zoom Projektoren simuliert. Gemütlich plaudern und fachsimpeln wir bei angenehmer Hintergrundmusik und schauen uns dabei immer wieder die Sonne an. Wir erzählen Hr. Gyger, dass wir am nächsten Tag die Forschungsstation des Jungfraujoch besuchen. Kurzerhand begleitet uns Hr. Gyger.

Wir treffen uns am nächsten Morgen und verbringen einen wunderschönen Tag miteinander. Theo wir kommen sicherlich wieder und werden einen Abend auf deiner Sternwarte verbringen. Leider drängt die Zeit und wir müssen schon wieder weiter zu der 200 km entfernten Sternwarte in Bülach in der Nähe von Zürich.

So. 3. August Nachmittag bzw. Abend: Sternwarte in Bülach

Knapp vor 15 Uhr erreichen wir die Sternwarte Bülach bei Zürich. Der Präsident der Sternwarte Gerold Hildebrandt zeigt uns die Anlage. Unserer besonderen Aufmerksamkeit gilt der Sonnenprojektion. Selbst gebaute Nachführung des Spiegels, eigener Strahlengang in den Vortragsraum, div. Prismen und Umlenkspiegel zeigen uns eine Sonne mit einem Meter Durchmesser. Ebenfalls können wir die momentanen Protuberanzen bewundern. Bemerkenswert finde ich vor allem die vielen Tonbildschauen mit verschiedensten Themen die für die Besucher zusammengestellt wurden. Es ist furchtbar heiß, und wir freuen uns auf eine Abkühlung im Hotelzimmer. Wir haben ja nicht weit bis Zürich. Am Abend kommen wir wieder und werden gegen 22 Uhr von unseren Schweizer Kollegen Andreas Schweizer, Peter Salvi und Peter Brunner erwartet. Der Himmel ist leider leicht durchzogen von Zirruswolken und das Seeing leider mäßig. Es ist noch immer furchtbar warm. Aber das tut unserer Freude keinen Abbruch, durch ein 85 cm Cassegrain mit 7,8 m Brennweite f/9,2 und einem 50 cm Newton/Cassegrain beide auf einer! Montierung zu schauen und mit einem Miyauchi Binokular BJ-100iA 45° 20×100 den Himmel abzusuchen. Das 50 cm Teleskop hat drei austauschbare Spiegel wodurch Brennweiten von 2,5 m (Newton) f5 und 10 m f/20 sowie 15 m f30 (Cassegrain) möglich sind.

Die Montierung ist eine sogenannte Deutsche Knicksäulenmontierung welche von E.Aeppli, Adlikon samt den beiden Teleskopen konzipiert und gebaut wurde. Dazu gibt es noch einen 15 cm Zeiss Coude Brennweit 2,25 m f/15 mit fixem Einblick welcher hauptsächlich zur Planeten- und Sonnenbeobachtung eingesetzt wird. Weiters gibt es noch einen 20 cm Maksutov und ein 20cm Schmidt-Newton für CCD Fotografie mit einer SBIG ST 6 Kamera.

Wir haben einen informativen Abend mit unseren Kollegen verbracht, viel Fach gesimpelt, unsere Erfahrungen über Führungen ausgetauscht, Tipps weitergegeben und einfach einen sehr netten Abend miteinander verbracht. Leider mussten wir schon wieder zeitig in der Früh los und konnten daher nicht allzu lange bleiben. Aber wir haben neue Kollegen kennen gelernt und ich hoffe, dass sie uns einmal auf unserer Sternwarte besuchen.

Mo.: 4. August: Jungfraujoch: Ein absoluter Traum

2 Stunden Bahnfahrt entführt uns in eine Welt der Superlative. Hier erlebt man die mächtige Natur hautnah. Hohe Berge, zerklüftet mit steilen kahlen Hängen, dazwischen eingebettet sanfte Hügel mit grünen Weiden, glückliche Kühe überall. Auf 2000m haben wir noch immer 30°. Strahlend blauer Himmel lässt uns die Sonnenstrahlen enorm spüren.

Mitten in der Eiger Nordwand auf 3150 m Höhe steigen wir aus, stehen vor einer Glaswand und sehen vor uns eine wunderbare Schnee-Eis-Gletscher-Landschaft. Die letzte halbe Stunde geht es durch den Berg. Auf 3.500 m Höhe lässt uns tiefblauer Himmel und gleißende Sonne die Augen brennen. Wolken türmen sich in beeindruckenden Formationen und sie verändern sich ständig. Ist das nicht der Adlernebel in Weiß? Riesige Kumuluswolken türmen sich wie gewaltige Sternentstehungsgebiete empor. Dazwischen zarte Zirruswolken.

Überall glänzender Schnee, es ist heiß bei 25° im Schatten. Unter mir zieht sich eine breite Gletscherzunge tief ins Tal hinunter. Weit entfernt bewegen sich vereinzelt schwarze Punkte – Menschen – am Eis vorbei an Spalten und Rillen. Unwirklich fast, denn auf der einen Seite gleißendes Eis und auf der anderen Seite sehe ich tief ins Tal hinunter.1000m unter mir huschen Schatten über die tiefgrünen Weiden, weit entfernt blitzt ein kleiner See. Mich überkommt ein beklemmendes Gefühl und tiefe Ehrfurcht vor so viel Schönheit der Natur.

Einzig die vielen Touristen stören. Der Großteil ist Japaner, die völlig erschöpft schlafend zurück fahren. Einige Kampfflieger, Hubschrauber und kleine Motorflieger unterbrechen die majestätische Stille. Das Jungfraujoch ist auf alle Fälle ein Besuch wert. Nur der Preis der Bahn mit € 106,- schreckt einigermaßen. Dank einer besonderen Legitimation von der Universität Bern hat uns die Bahn jedoch nur € 40,- gekostet.

Wir dürfen auch die Forschungsstation am Jungfraujoch besuchen. Fam. Fischer erwartet uns bereits. Mit einem herrlichen uralten Lift geht es 112m hoch zum Sphinx-Observatorium. Hr. und Fr. Fischer nehmen sich wirklich viel Zeit für uns, zeigen die gesamte Station und erklären geduldig die vielen Experimente. Radioaktive Abfallprodukte z.B. Crypton 85 werden gemessen. Flüssiger Stickstoff wird erzeugt, übrigens das Wasser kocht in dieser Höhe bei 85°, dann gibt es das C 14 Experiment. Luft wird angesaugt – 2 Wochen lang durch eine starke Natronlauge gedreht und C 14 wird freigesetzt. Es gibt ein Infrarotspektrometer zur Atmosphärenbeobachtung. Dieses Gerät misst 40.000 mal pro Sekunde. Gletscher und Erosolteile werden gemessen, Sonnenphotometrie gemacht, mit einem Neutronenmessegerät werden die Einflüsse div. Strahlungen gemessen, für das Bundesheer wird die Ozon- und Stickstoffkonzentration sowie verschiedene Gase gemessen. Klimaforschung und Meteorologie z. B. Druck, Temperatur, Windrichtung und Windgeschwindigkeiten werden akribisch aufgezeichnet. Und zum Schluss gibt es noch ein 76 cm Laser Teleskop zum Messen der Wolken, Gletscher, Feuchtigkeit u. v. m. Na jedenfalls hat mir nach dieser Führung ganz schon der Kopf geschwirrt vor lauter Experimente. Ziemlich müde fahren wir schön langsam wieder 2 Stunden mit der Bahn wieder hinunter und waren froh als wir in unserer Pension ankamen.

Di. 5. August: Sternwarte Francois-Xavier Bagnoud in St. Luc

Unser letzter astronomischer Tag beginnt. Reichlich kurvig und steil geht es bergauf auf. Das letzte Stück fahren wir mit einer Bahn auf 2200 m Höhe. Die Sternwarte befindet sich unweit der Bahnstation und wir sehen schon von weitem auf der Dachterrasse einige Teleskope emporragen. Es ist wie immer ziemlich warm und wir kühlen uns an einem kleinen Rinnsaal. Gilles Carnal zeigt sich erstaunt und erfreut Besuch von Österreich zu bekommen. Offensichtlich hat diesmal die Anmeldung nicht funktioniert. Aber macht nichts. Wir werden trotzdem bestens betreut. Wir lauschen seinem Vortrag und erfahren, dass, wenn wir alle Sterne des Universums nehmen und sie zu einem Sandkorn verkleinern würden, die Schweiz 1 km hoch mit Sandkörnern bedeckt sein würde. So viele gibt es – auch nicht schlecht. Auf Österreich umgelegt wäre das ungefähr ein halber Kilometer. Ein gutes Beispiel für Führungen. Plötzlich ziehen dichte, dunkle Wolken auf und wir beeilen uns, noch einen Blick auf den Coelostat zu werfen und die Projektion der Sonne mit 110cm Durchmesser im Aufenthaltsraum zu bewundern.

Die 5 m Kuppel der Sternwarte Francois-Xavier Bagnoud beinhaltet einen 60 cm Newton mit 2,9m Brennweite bzw. Cassegrain mit 9,6 m Brennweite aus Frankreich und einer HI-SYS 44 CCD Kamera. Auf der Terrasse stehen ein 20 cm Lichtenknecker aus Belgien, ein 16 cm Coronograph aus Frankreich, ein 20cm Celestron 8 und ein Coelostat von Optik Kohler Schweiz

Mi. 6. August: Heimreise

Eine schöne Astronomiereise durch die Schweiz geht zu Ende. Nun geht es 900 km zurück nach Hause. Die ersten 200 km genießen wir noch die tolle Landschaft, fahren über Berge und Pässe und genießen ein letztes Mal die schöne Landschaft. Nach 12 Stunden Fahrt erreichen wir zwar erschöpft aber mit schönen Erinnerungen St. Pölten. Wir haben viele nette Kollegen kennen gelernt, neue Kontakte geknüpft und Erfahrungen ausgetauscht. Es gibt noch einige Sternwarten/Planetarien und Universitäten zu besichtigen. Daher werden wir die Schweiz sicher wieder besuchen.