Abbildungsfehler optischer Systeme

Jedes optische System ist fehlerbehaftet. Glauben sie niemandem, der Ihnen erzählt, dieses oder jenes System sei fehlerfrei. Selbst die Aussage, die Optik liefere eine beugungsbegrenzte Auflösung, sagt nichts über die Kontrastleistung des Systems oder den Durchmesser des Gesichtsfeldes, in dem beugungsbegrenzte Auflösung erreicht wird. Für die Gesichtsfeldmitte wird selbst ein schlechtes optisches System beugungsbegrenzt auflösen. Es ist also Vorsicht geboten.

Die Seidel-Theorie liefert den Zusammenhang zwischen der idealen, paraaxialen Abbildung und den primären Abbildungsfehlern realer, weit geöffneter Systeme. Diese sind weit weniger kompliziert, als sie aussehen. Diese Fehler lassen sich durch gezielte Deformation einzelner optischer Flächen ganz oder teilweise beheben.

Die Abweichung einer sphärischen Fläche von der Kugelgestalt wird Deformation genannt.

Sphärisch – Asphärisch

Kreis – Ellipse – Parabel – Hyperbel

Folgende Tabelle zeigt einige der wichtigsten „Gemeinheiten“, die das Licht „erleiden“ muß, bevor der Beobachter es wahrnimmt, selbst wenn die Optik fehlerfrei gefertigt ist.

– Turbulenzen, hohe Atmosphäre

– Turbulenzen, bodennahe Atmosphäre

– Turbulenzen im Tubus

– Justierzustand der Optik

– Verschmutzte Optik

– Reflexion zwischen Linsen

– Mangelhafte Verspiegelung reflektierender Oberflächen

– Abschattung durch Umlenkspiegel

– Zu große Blenden

– Zu kleine Blenden

– Mechanische Gesamtkonstruktion

– Austrittspupille > Augenpupille

– Mangelhafte Fokussierung

– Augendefekte

Diese Abbildungsfehler schränken die Bildqualität sowohl für visuelle als auch für photographische Beobachtungen ein.

Die Fehler sollen hier nicht ausführlich behandelt werden. Dazu sei auf entsprechende Spezialliteratur verwiesen. Hier sollen die Fehler nur kurz beschrieben werden, wie sie entstehen und wie sie sich auf die Abbildung auswirken, damit sie erkannt, zugeordnet, eventuell gemindert oder letztlich die Optik beim Hersteller reklamiert werden kann.

Sogenannte primäre Aberrationen (Abbildungsfehler)

In der Optik wird unterschieden zwischen den

Monochromatischen Bildfehlern (auch die fünf Seidelschen Bildfehler genannt)

– Sphärische Aberration

– Koma

– Astigmatismus

– Bildfeldwölbung (-krümmung)

– Verzeichnung

und den

Chromatischen Bildfehlern

– Farblängsfehler

– Farbquerfehler

– Sphärochromasie

Die monochromatischen Bildfehler

Die monochromatischen Bildfehler werden in der Regel nur für eine bestimmte Lichtwellenlänge korrigiert. Für Instrumente der Amateurastronomie wird hauptsächlich für die Linien d (gelb) oder e (grün) korrigiert. Oft (aber leider nicht immer) sind teure und komplexe Optiken besser korrigiert als ihre einfachen, preiswerteren Gegenstücke. In der Praxis zeigt eine gute Korrektion der monochromatischen Fehler im gelbgrünen Spektralbereich eine kaum nachlassende Korrektur im roten bzw. blauen Ende des visuellen Spektrums. Die sphärische Aberration

Synonyme: Kugelgestaltfehler, Öffnungsfehler.

Sie tritt bei der Verwendung von Linsen oder Spiegeln mit Kugeloberflächen auf.Die Entstehung der sphärischen Aberration (siehe Abbildung). Der Fehler einer Kugelfläche liegt in ihrer grundsätzlichen Eigenschaft, daß sie die achsnahen und die randnahen Strahlen nicht in einem Punkt vereinigt. Jede ringförmige Zone auf der Kugeloberfläche weist ihre eigene Brennweite auf. Der resultierende Brennpunkt von einfallendem Licht in unterschiedlichen Abständen zur Linsenmitte/Spiegelmitte ergibt unterschiedliche Foki in der Brennebene. Dadurch wird das Abbild eines Sterns verschmiert.

Die Stelle des günstigen Fokus.

In der Praxis, speziell in der Photographie, ist die günstigste Position experimentell zu ermitteln. Es gibt eine deutliche Abhängigkeit der Aberration von der Einfallshöhe (Öffnung) und der Brennweite, das heißt dem Öffnungsverhältnis 1/N = D/f. Bei einer fertigen Optik ist der Fehler nachträglich nicht zu beheben; er kann durch Abblendung (Reduzierung der Eintrittspupille oder Abblenden der Objektivöffnung) gemindert werden oder durch Wahl einer genügend großen Brennweite. Bei der Konstruktion der Optik wird er durch asphärischen Schliff der Oberflächen des Systems minimiert (Kombination zweier Linsen) oder gänzlich behoben (asphärische Flächen). Sog. Paraboloid.

Sie ist der wesentliche Bildfehler des kugelförmigen (sphärischen) Hohlspiegels. Der Parabolspiegel ist hingegen frei von sphärischer Aberration.

Koma

Sie ist ein reiner Asymmetrie-Fehler, der für geneigt einfallende Strahlenbündel, das heißt in unserem Fall, für Objekte im Bildfeld außerhalb der optischen Achse auftritt. Durch die Neigung des Strahlenbündels geht die Rotationssymmetrie bezüglich der optischen Achse verloren und reduziert sich auf eine Symmetrieebene, die sogenannte Meridionalebene, in der die optische Achse und der geneigte einfallende Hauptstrahl liegen. Die Entstehung des Komafehlers.

Einfallendes Licht außerhalb der optischen Achse wird in verschiedenen Brennebenen fokussiert. Wurde ein Objektiv asphärisiert, um die sphärische Aberration zu korrigieren, geschieht dies auf Kosten anwachsender Koma bei schräg einfallenden Lichtstrahlen. Optische Systeme, bei denen die sphärische Aberration und die Koma korrigiert sind, nennt man aplanatisch (nicht abweichend). Sie äußert sich in einer Kometen-ähnlichen Zerstreuungsfigur, deren Schweif radial von bzw. zu der optischen Achse gerichtet ist. Man erkennt deutlich eine Zunahme der Koma mit wachsendem Abstand zur optischen Achse.

Bei einfacher Glaslinse: ungenügende Herstellung.

Bei mehrlinsigen Systemen: Linsenabstände stimmen nicht zueinander.

Bei reinen Linsensystemen tritt dieser Fehler praktisch nicht auf, er ist bei Gesichtsfeldern von 1 bis 2 Grad nicht sichtbar. Spiegelsysteme sind weit anfälliger. Hier sowohl visuell als auch photographisch sichtbar. Abhilfe: Einschränkung des Gesichtsfeldes, Einsatz von Komakorrektoren oder Einbau von Blenden im Tubus. Der Komakorrektor wird bei Newton-Systemen häufig eingesetzt; die Blendenlösung wird häufig bei Schmidt-Cassegrain-Systemen bevorzugt. Sie ist der Hauptfehler des Parabolspiegels und begrenzt sein brauchbares Gesichtsfeld. D er Schmidtspiegel ist ein komafreies Spiegelsystem.

Komafreiheit = Aplanate.

Astigmatismus

Astigmatismus = Punktlosigkeit.

Die Entstehung des Astigmatismus.

Astigmatismus entsteht, wenn außeraxial tangential einfallende Lichtstrahlen eine andere Brennweite aufweisen, als außeraxial sagittal einfallende Strahlen. Eindeutig erkennbar ist der Fehler bei der Beobachtung eines Sterns bei hoher Vergrößerung. Sowohl das intrafokale als auch das extrafokale Sternbild sind nicht rund sondern elliptisch. Beim Durchfokussieren von unscharf-scharf-unscharf kippt die Ellipse um 90 Grad. Korrigierte Systeme: Anastigmat.

Auch Zubehörteile wie Okulare, Zenitprismen u.ä. können „gehörigen“ Astigmatismus erzeugen. Ob der Fehler vom Objektiv oder den Zubehörteilen stammt, ist leicht festzustellen (dreht sich mit!). Hinweis: Auch das menschliche Auge kann erheblich astigmatisch sein. Erkennbar durch Drehen des Kopfes bei der Beobachtung der Ellipse. Der Fehler kann nachträglich nur durch Abblenden des Systems verringert werden. Bei Astigmatismus des Auges muß mit einer entsprechenden Brille oder Kontaktlinsen beobachtet werden.

Die Fehler Koma und Astigmatismus können sich überlagern und sind dann sehr schwer zu unterscheiden.

Bildfeldwölbung

Sind Koma und Astigmatismus nicht wahrnehmbar, weisen alle einzelnen optischen Elemente ein Bildfeldwölbung auf. Der Effekt der Bildfeldwölbung. Sternabbildungen haben, mit zunehmendem Abstand zur Gesichtsfeldmitte, immer kürzere Fokuslagen. Bei visueller oder photographischer Beobachtung macht sich der Fehler dadurch bemerkbar, daß Sterne in Gesichtsfeldmitte scharf und mit zunehmendem Abstand von der Mitte – kreisförmig gleichmäßig – unschärfer abgebildet werden. Bei fertigen Systemen ist der Fehler nur durch Verkleinern des Gesichtsfelddurchmessers zu vermindern. Bei lichtstarken Systemen mit hohen Öffnungsverhältnissen arbeitet man mit Bildebnungslinsen oder es wird der Film der Bildfeldwölbung angepaßt.

Verzeichnung

Für ein verzeichnungsfreies Objektiv gilt: Die Objektivbrennweite muß für jeden außeraxial einfallenden Bildwinkel gleich sein. Wäre dies nicht so, dann würden bestimmte Abstände in Bildmitte anders bewertet als bei Abbildung gleicher Abstände am Bildfeldrand. Er wird nur bei genauer Bildanalyse erkannt. Die Bildschärfe wird an keinem Bildpunkt beeinträchtigt, lediglich der Bildort verschiebt sich. Die effektive Brennweite des Systems ändert sich mit dem Bildwinkel.

Der Effekt der Verzeichnung

Verzeichnung kissenförmig oder positiv – Verzeichnung tonnenförmig oder negativ.

Test mittels eines quadratischen Gitternetzes.

Dieser Fehler ist nur relevant, wenn das System für die Astrometrie eingesetzt werden soll. Er tritt selten auf; hält er sich in Grenzen, wird er nicht wahrnehmbar sein. Bedeutende Verzeichnungseffekte zeigen allerdings Okulare. Besonders moderne Extremweitwinkelokulare zeigen an den Bildfeldrändern im Original gerade Strukturen stark nach außen gewölbt. Durch diesen „Verzeichnungstrick“, der absichtlich herbeigeführt wird, wird aus einem wahren Gesichtsfeld von ca. 65 – 70 Grad ein scheinbares „Katalog-Gesichtsfeld“ von 84 Grad und größer. Symmetrisch aufgebaute Objektive sind frei von Verzeichnung.

Sphärische Aberration – Koma – Astigmatismus: für die Bildschärfe verantwortlich.

Bildfeldwölbung – Verzeichnung: für den Bildort verantwortlich.

Die chromatischen Bildfehler

Synonyme: Farbfehler:

Alle Linsensysteme sind zwangläufig mit chromatischen Bildfehlern behaftet, aber auch Mischsysteme aus Linsen und Spiegeln sind davon betroffen. Der am schwierigsten zu behebende Fehler ist der Farblängsfehler, der auch Restchromasie oder Sekundäres Spektrum genannt wird. Die beiden anderen, der Farbquerfehler und die Sphärochromasie, sind in der Praxis kaum störend. Spiegelsysteme sind frei von chromatischen Bildfehlern.

Der Farblängsfehler

Die Entstehung des Fehlers:

Fällt ein weißer Lichtstrahl durch eine Linse, so werden die spektralen Anteile des weißen Lichts in unterschiedlichen Brennpunkten – hintereinander liegend – fokussiert. Das ist in der Tatsache begründet, daß der Brechungsindex des Glases für unterschiedliche Wellenlängen verschieden ist. Dies nennt man den Farblängsfehler. Ein Sternbild ist also aus mehreren einzelfarbigen Beugungsbildern aufgebaut. Das blaue Bild steht am dichtesten zur Optik, das rote am weitesten dahinter. Wird auf eine Farbe fokussiert, so hat man alle anderen Farben unscharf abgebildet. Zwischen rotem und violettem Licht gibt es also eine Fokusdifferenz. Je größer sie ist, desto stärker ist die Restchromasie.

Bei der visuellen Beobachtung macht sich dieser Fehler (zunehmend stärker bei steigenden Vergrößerungen an lichtstarken Systemen) als bunte Halohöfe um helle Objekte herum bemerkbar. Der Fehler wächst kumulativ mit steigender Öffnung und/oder steigendem Öffnungsverhältnis an. Eine Einzellinse (Chromat) kann nur in einem eng begrenzten Spektralbereich eine scharfe Abbildung liefern.

Splittet man das Objektiv in zwei Linsen auf, so kann man die Kurve des Farblängsfehlers abflachen, die Fokusdifferenz zwischen rot und violett verkleinern und für zwei Wellenlängen korrigieren. Fügt man einen Luftspalt zwischen die beiden Linsen zur weiteren Korrektur von Bildfehlern, hat man ein klassisches Frauenhofer Objektiv, das auch Achromat genannt wird.

Achromate sind frei von sphärischer Aberration.

Wählt man Sondergläser, kann die Brennweitendifferenz weiter vermindert werden. Diese Objektive nennt man Halbapochromaten, bzw. halbapochromatisch. Um das sekundäre Spektrum weiter zu reduzieren braucht man aufwendige optische Konstruktionen mit Spezialgläsern, bestehend aus drei- bis vierlinsigen Objektiven, deren Luftspalte bei einigen Konstruktionen mit Spezialöl zusammengefügt werden. Diese Objektive werden Apochromate bzw. vollapochromatisch genannt. Diese Objektivtypen stellen das Nonplusultra moderner Optik dar; sie sind der „Rolls Royce“ des Amateurastronomen. Aber Vorsicht: Jeder Hersteller kann sein Objektiv apochromatisch nennen – der Begriff ist nicht durch eine Norm definiert!! Eine vorhandene sichtbare Restchromasie kann nur durch eine entsprechende Filterung oder durch Abblenden des Objektives vermindert werden. Der Farblängsfehler spielt bei Objektiven aller Typen eine tragende Rolle.

Farbquerfehler

Der Effekt des Farbquerfehlers:

Außeraxiale Bildpunkte werden in ihre spektralen Bestandteile zerlegt. Je weiter der Stern von der Bildmitte entfernt ist, desto deutlicher ist sein Spektrum zu erkennen. Tritt selten auf, kann nachträglich nicht beseitigt werden.

Sphärochromasie

Erklärung der Sphärochromasie:

Die Sphärochromasie ist der Fehler der sphärischen Aberration, zerlegt in die spektralen Bestandteile. Außeraxial einfallendes Licht (abhängig von der Entfernung zur Linsenmitte) hat – farbabhängig – verschiedene Foki. In der Regel korrigiert man das System sphärisch optimal für den gelbgrünen Spektralbereich, im blauen bzw. im roten Spektralbereich treten dann beträchtliche Beträge an Über- und Unterkorrektur auf. Ist der Fehler bei einem System deutlich sichtbar, kann das System nur abgeblendet werden, um den Fehler zu reduzieren.

Die Fehler Koma, Astigmatismus und Bildfeldwölbung spielen bei Mischsystemen und reinen Spiegelsystemen die tragende Rolle, wobei Koma und Astigmatismus durch eine saubere Justierung oft vermindert werden können. Die Sphärochromasie kann bei Mischsystemen eine enorme Rolle spielen, hier ist eine Minderung nur durch Abblenden des Gesamtsystems erreichbar.

Weitere Fehler

Zonenfehler und nicht auspolierte optische Flächen

Einbaufehler

Materialfehler

Achtung: Spiegel ändern bei Temperaturänderung ihre Form und Brennweite.

Ideales Spiegelmaterial: sehr hohe Wärmeleitfähigkeit

Glasspiegel – Metallspiegel

Wärmeausdehnungskoeffizienz

Materialien:

Zerodur, Cer-Vit – zeigen praktisch keine Wärmeausdehnung mehr.

Sog. Glas-Keramik (Glas – positiver Ausdehnungskoeffizient + Keramik – negativer Ausdehnungskoeffizient)