Die Sonne als Stern

Die Sonne liegt etwa 12 Parsec (pc) nördlich der Ebene des Milchstraßensystems und etwa 7,7 kpc von dessen Zentrum entfernt (rund 2/3 vom Radius des Milchstraßensystems = 15 kpc). Zusammen mit den Sternen ihrer Umgebung bewegt sie sich mit ca. 225 km/s auf einer fast kreisförmigen Bahn um das Zentrum unserer Galaxis; ein Umlauf dauert etwa 210 Millionen Jahre. Außerdem bewegt sie sich gegenüber ihrer Umgebung mit 20 km/s in Richtung des Sternbildes Herkules.

Einschub: Die Bewegung der Sterne

Das Wort Fixstern bringt zum Ausdruck, daß die damit bezeichneten Sterne feste unveränderliche Positionen an der Sphäre zu haben scheinen. Tatsächlich ist dies aber nicht der Fall. Fixsterne bewegen sich mit hohen Geschwindigkeiten – gemessen an Geschwindigkeiten aus unserer Umwelt – durch den Raum. Lediglich ihre große Entfernung und die Kürze der Zeitspanne, in der der Mensch Sternpositionen beobachtet hat, ließen den Eindruck entstehen, Fixsterne stünden nahezu unbeweglich an ihren Orten.

Einschub: Das Hertzsprung-Russel-Diagramm (HRD)

Der Zustand eines Sternes wird durch die Angabe von Masse, Radius, Spektraltyp, Oberflächentemperatur, Farbindex, Leuchtkraft usw. beschrieben. Diese sogenannten stellaren Zustandsgrößen sind teilweise voneinander abhängig. Um Beziehungen zwischen Zustandsgrößen zu erkennen, verwendet man Zustandsdiagramme. Das sind Darstellungen, in die Sterne als Punkte eingetragen werden, mit den beobachteten Werten der Zustandsgrößen als Koordinaten. Ordnen sich die Bildpunkte auf Linien oder in schmalen Bändern, deren Breite durch Beobachtungsfehler erklärt werden kann, so bedeutet dies, daß zwischen den betreffenden Zustandsgrößen ein funktioneller Zusammenhang besteht.

Das wichtigste Zustandsdiagramm ist das Hertzsprung-Russel-Diagramm (HR-Diagramm oder HRD), es zeigt die Beziehung zwischen Spektralklasse (Abszisse der Darstellung) und absoluter Helligkeit (Ordinate der Darstellung). Spektralfarbe und Farbe eines Sterns entsprechen sich weitgehend. Man sieht in derartigen Diagrammen mit einem Blick, daß nicht alle möglichen Kombinationen der Zustandsgrößen vorkommen. Vielmehr liegen die Sterne in Gruppen und Reihen oder, wie man auch sagt, auf Ästen innerhalb des Diagramms. Am wichtigsten im HRD ist die sich diagonal durch die Darstellung ziehende Hauptreihe oder Hauptsequenz (main sequence). Auf ihr liegen , bezogen auf die Gesamtzahl der Sterne in einem herausgegriffenen Volumen, über 90 Prozent aller Sterne. Von der Hauptreihe zweigt bei der Spektralklasse F und der absoluten Helligkeit M vis = 0 ein Ast ab, der sich zu späteren Spektraltypen und höheren Leuchtkräften hinerstreckt. Die Sterne dieses Astes haben die gleiche Spektralklasse und damit annähernd die gleiche Temperatur wie die darunter liegenden Hauptreihensterne. Ihre sehr viel größeren Absoluthelligkeiten sind dadurch zu erklären, daß ihre Obeflächen und damit ihre Radien größer sind als die der Hauptreihensterne. Sie werden daher als Riesen bzw. Sterne des Riesenastes bezeichnet. Während Hauptreihensterne der Leuchtkraftklasse V angehören, werden die Riesen (giants) der Leuchtkraftklasse III zugeordnet. Dazwischen liegen verhältnismäßig wenige Objekte der Leuchtkraftklasse IV (subgiants). Oberhalb des Riesenastes findet man, etwas weniger scharf begrenzt, das Gebiet der Überriesen (supergiants).

Sehr interessant sind die Objekte unterhalb der Hauptreihe. Hier gibt es das Gebiet oder besser die Sequenz der Weißen Zwergsterne. Wie aus dem relativ frühen Spektraltyp bzw. der blauen Farbe erkennbar, handelt es sich um heiße Objekte. Sie haben Sternradien, die mit denen der Planeten vergleichbar sind.

Es ergibt sich das Problem, daß durch verschiedene Auswahleffekte die Diagramme beeinflußt werden können. Dies hat zur Bildung des Begriffs der Sternpopulationen geführt. Eine Sternpopulation, eine zusammengehörige Gruppe von Sternen, ist, abgesehen von möglichen anderen gemeinsamen Eigenschaften der ihr angehörigen Sterne, ausgezeichnet durch ein für sie typisches HRD. Damit haben die HRD eine neue Funktion: Erkennung und Unterscheidung von Sternpopulationen.

Man erkennt zwei Sternenpopulationen in unserem Milchstraßensystem: die Population I, der Sterne in der Scheibe unseres galaktischen Systems und damit auch der größte Teil der Sterne der Sonnenumgebung angehören, und die Population II, der die Sterne eines mehr kugelförmigen Systems, des sogenannten galaktischen Halo, angehören. Man hat gefunden, daß Population I und Population II Grenzfälle sind, zwischen denen es einen stetigen Übergang gibt. Die Frage, warum Sterne nur in bestimmten Bereichen der HRD zu finden sind, und warum die Diagramme der Population I und der Population II sich unterscheiden, findet ihre Beantwortung in der Theorie der Sternentwicklung. Sterne sind keine unveränderlichen Gebilde, sie entwickeln sich vielmehr und verändern dabei ihre Zustandsgrößen. Die Sternentwicklung vollzieht sich in Zeiträumen, die groß sind gegen das Alter der Menschheit; sie ist also unmerkbar langsam. Dennoch gibt uns die Beobachtung Informationen über Ablauf und Geschwindigkeit der Entwicklung, und zwar eben deshalb, weil sich mit der Entwicklung die Zustandsgrößen und damit die Lage im HRD ändern. Die Sterne bewegen sich daher im Diagramm, und zwar laufen benachbarte Punkte wegen des nahezu gleichen Zustands und der daraus folgenden ähnlichen Entwicklung auf ähnlichen Bahnen. Die Entwicklungsgeschwindigkeiten von Sternen in verschiedenen Bereichen des HRD sind dagegen außerordentlich verschieden. Das ist eine der Hauptursachen für die ungleichmäßige Verteilung der Sterne im HRD. In den Bereichen, in denen die Sterne lange verweilen, werden sie eher, d.h. in größerer Zahl, anzutreffen sein als in Bereichen, in denen sich die Zustandsgrößen rasch ändern. Die Hauptsequenz ist ein solcher Bereich, in dem die Sterne in ihrer Entwicklung sehr lange verharren. HRD geben Informationen über Sternentwicklung und Sternentstehungsraten in den verschiedenen Phasen der Entwicklung des Milchstraßensystems. Die Positionen im HRD sind auch von der Häufigkeit der chemischen Elemente anhängig.

Einschub: Sterntemperaturen

Mit „Sterntemperaturen“ sind die sogenannten „Oberflächentemperaturen“ der Sterne gemeint. Diese Bezeichnung ist jedoch irreführend, da für Sterne – die ja leuchtende Gaskugeln sind – der Begriff Oberfläche nicht wohldefiniert ist. Die „Oberfläche“ ist vielmehr eine Schicht endlicher Dicke, und zwar diejenige Schicht, aus der die Strahlung des Sterns direkt austreten kann. In dieser Schicht, der Sternatmosphäre, gibt es keine einheitliche Temperatur, sondern eine Temperaturschichtung. Die äußeren (höheren) Teile der Atmosphäre sind kühler als die weiter innen gelegenen (tieferen) Schichten. Es kommt hierbei nicht so sehr auf die geometrische Tiefe an (sofern sie nur klein ist gegenüber dem Sternradius) als vielmehr auf die sogenannte optische Tiefe, die in der Astrophysik mit dem griechischen Buchstaben  bezeichnet wird.

Vereinfachend kann man sagen, daß durch Schichten mit  < 1 nach außen gerichtete Strahlung einen Stern verläßt und direkt beobachtet werden kann, während alle Strahlung in Schichten mit  > 1 absorbiert wird, also unbeobachtbar ist.

Da die von einem Stern ausgehende Strahlung nicht aus einem Medium einheitlicher Temperatur stammt, lassen sich sich aus seinem beobachteten Spektrum verschiedene Temperaturen ableiten, Temperaturen, die für verschiedene Tiefen in der Sternatmosphäre repräsentativ sind. Zu jeder Temperaturangabe gehört folglich eine Information darüber, wie sie gewonnen wurde.

Besonders einfach und anschaulich ist der Begriff der effektiven Temperatur T eff. Mit dieser Größe wird der über alle Frequenzen summierte (integrierte) Strahlungsstrom beschrieben, also die vom Stern pro Einheit der Zeit und der Fläche abgestrahlte Gesamtenergie. Direkt beobachtbar ist diese Gesamtstrahlung nur für die Sonne (vgl. Solarkonstante).

Zur Bestimmung der effektiven Temperatur benötigt man neben der Messung des absoluten Strahlungsstroms im gesamten Spektrum noch die Messung des Raumwinkels, unter dem die Lichtquelle erschient. Aus diesen und aus anderen Gründen ist die effektive Temperatur nur für die Sonne durch direkte Messung bestimmbar.

Im engem Zusammenhang mit der effektiven Temperatur steht die scheinbare bolometrische Helligkeit m bol. Hierunter soll die scheinbare Helligkeit verstanden werden, die mit einem nicht-selektiven, also für alle Wellenlängen gleich empfindlichen Empfänger gemessen wird. Kennt man die Energieverteilung im gesamten Sternspektrum, so kann man visuelle oder fotographische Helligkeiten in bolometrische Helligkeiten umrechnen. Der effektiven Temperatur verwandt ist die sogenannte Strahlungstemperatur. Beide beruhen auf einer Kenntnis des Strahlungsstroms, d.h. des nach außen gerichteten Energiestroms pro m hoch 2 in der Sternatmosphäre. Die Strahlungstemperatur gibt den Strahlungsstrom in einem begrenzten Intervall des Spektrums oder auch den monochromatischen Strahlungsstrom, d.h. den Strahlungsstrom bei einer Wellenlänge (bzw. Frequenz), pro Wellenlängenintervall (bzw. Frequenzintervall) an. Man bezeichnet sie gelegentlich auch als „schwarze Temperatur“. Angaben von Strahlungstemperatur bedürfen immer der Angabe der Wellenlänge (Frequenz), auf die sie sich beziehen.

Weitere Temperaturart: Farbtemperatur

3 weitere Begriffe: Ionisationstemperatur – Anregungstemperatur – Bandentemperatur.

Einschub: Extremwerte bei Sternen

Massen: 1/20 — 50 (ev. bis 100) M 

Radien: 1/100 — x1000 R 

Dichten: 10 hoch -4 kg / m hoch 3 — 10 hoch 9 kg / m hoch 3

Effektivtemperaturen: 2000 — 40 000 K

Leuchtkraft: 10 hoch -4 — 10 hoch 6 L 

Rotationen: 2 km/sec — 250 km/sec