Kosmologie – die Welt im Ganzen

Die Frage nach der räumlichen und zeitlichen Erstreckung der Welt ist eine der uralten Fragen der Menschheit, mit der zugleich auch die Frage nach ihrer eigenen Stellung im Kosmos verbunden ist, eine Frage, die nicht nur unter naturwissenschaftlichen, sondern auch unter philosophischen und religiösen Aspekten gestellt werden kann. In den bisherigen Abhandlungen ging es um die einzelnen Objekte, die wir in der Welt vorfinden, um ihre Beschreibung und Erklärung. Jetzt geht es darum, ob im Rahmen der Naturwissenschaften Aussagen über die Gesamtheit dieser Objekte möglich sind und, wenn ja, welche. Es geht schließlich auch um die Struktur von Raum und Zeit selber. Das Teilgebiet der Astronomie, in dem versucht wird, Antworten auf diese Fragen zu finden, wird als Kosmologie bezeichnet.

Beobachtungen

Die Expansion

Bei den Galaxien unserer näheren Umgebung beobachtet man etwa ebensoviele mit positiven Radialgeschwindigkeiten, gemessen durch die Doppler-Verschiebung der Spektral-Linien, wie solche mit negativen z-Werten. Dagegen ist bei den entfernteren Galaxien z durchwegs positiv, die Spektral-Linien also rotverschoben. Diese Galaxien fliegen also systematisch von uns weg. Bei einer sorgfältigen Analyse der Beobachtungsdaten erkennt man, daß die Rotverschiebungen um so größer werden, je weiter die Galaxien von uns entfernt sind, und daß dieses Anwachsen so erfolgt, daß z zur Entfernung r proportional ist. Dieses einfache Gesetz der Proportionalität gilt allerdings nicht mehr, wenn bei extremen Entfernungen z vergleichbar wird mit eins. Da bei kleinen Werten von z die Rotverschiebung nichts anderes ist als die Radialgeschwindigkeit v im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit c, z=v/c, folgt, daß auch die Radialgeschwindigkeit v zur Entfernung r proportional sein muß, v=Hxr.

Verschiedene Gruppen haben versucht, den Wert der Hubble-Konstante H zu bestimmen. Es besteht z.Zt. jedoch keine Übereinstimmung, so daß Werte von knapp unter 50 km s-1 Mpc-1 bis zu 100 km s-1 Mpc-1 diskutiert werden. Die große Unsicherheitsbreite ist auf die Art der angenommenen Weltmodelle zurückzuführen.

Es ist davon auszugehen, daß H nicht in der strengen Bedeutung des Worts eine (Natur-) Konstante ist , sondern eine Größe, die selber vom Alter des Kosmos abhängt.

Wegen der Pekuliargeschwindigkeiten der einzelnen Galaxien gibt es eine Streuung der Messungen um die Hubble-Relation. Die Größe dieser Streuung ist etwa +- 150 km s-1.

Der Zusammenhang zwischen Rotverschiebung und Entfernung ist unabhängig vom Typ der Galaxie und unabhängig von ihrer Position an der Sphäre. Ein derartiges Verhalten ist nur möglich, wenn alle Galaxien nicht nur von uns wegfliegen, sondern wenn sie alle in genau der gleichen Weise ihre wechselseitigen Abstände vergrößern. Von jeder anderen Galaxie würde sich der gleiche Anblick bieten: Alles fliegt auseinander, und die Geschwindigkeiten sind dabei proportional zur Entfernung. Der Kosmos „expandiert“ gleichförmig.

Es bleibt zu fragen, ob die Expansion reell ist, d.h. ob die Rotverschiebung als Doppler-Effekt interpretiert werden muß, oder ob es auch alternative Deutungen gibt. Gegenwärtig kennen wir neben der Doppler-Verschiebung nur einen einzigen weiteren Effekt, durch den die Spektral-Linien zum Roten hin verschoben sein können: die Gravitations-Rotverschiebung. Diese kann hier aber ausgeschlossen werden. Daher hat man die „Expansion des Kosmos“ wohl als erwiesen anzusehen.

Die allgemeine Hintergrundstrahlung

1965 wurde von Penzias und Wilson eine Strahlung entdeckt, die von unmittelbarer Bedeutung für die Kosmologie ist. Sie fanden ein universelles und isotropes Strahlungsfeld, das von der Erde aus im Wellenlängenbereich zwischen 30 und 3 cm beobachtet wird. Die Intensität der Strahlung ebenso wie ihr Spektrum entsprechen der Strahlung eines Hohlraumes bei einer Temperatur von etwa 3 K. Messungen in anderen Wellenlängenbereichen wurden von Satelliten durchgeführt.

Bemerkenswert ist auch die Isotropie der Hintergrundstrahlung, also die Tatsache, daß ihre Stärke mit hoher Genauigkeit unabhängig von der Richtung ist. Es konnten mit einer Genauigkeit von 0.01% keine Abweichung von der Isotropie feststellen. Unterhalb dieser Schranke treten jedoch Anisotropien auf. Diese Erkenntnis dürfte wichtige Folgen für die Beschreibung der Kosmologie in den frühen Phasen des Universums haben. Die Interpretation der obigen Beobachtungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ergibt zwingend, daß keines der uns bekannten kosmischen Objekte als Quelle der Strahlung in Frage kommt. Sie muß uns also aus einer früheren Phase der Entwicklung des Universums überliefert sein und enthält damit direkte Informationen über physikalische Prozesse im frühen Universum.

Das Alter des Kosmos

Expansion

Die allgemeine Expansion des Kosmos zeigt, daß dieser, so wie er ist, nicht beliebig alt sein kann. Den gleichen Schluß müssen wir aus der Existenz der allgemeinen Hintergrundstrahlung ziehen, für die es im gegenwärtigen Kosmos keine Quellen gibt. Rechnet man im Standardmodell die Expansion zurück, so findet man (falls die Expansion weder gebremst noch beschleunigt wäre), daß vor einer Zeit, die dem Kehrwert der Hubble-Konstante entspricht (z.B. 19.6 Milliarden Jahre für H=50 km s-1 Mpc-1), die Ausdehnung des Kosmos verschwindend klein gewesen sein muß; 1/H entspricht dem Alter des Universums, wenn dessen Expansion gleichförmig verläuft. Als Folge der Unsicherheit des tatsächlichen Werts der Hubble-Konstante und ihrer zeitlichen Entwicklung, die in den frühesten Phasen des Universums für das Standardmodell bzw. für die Modelle, die ein Quantenvakuum annehmen, unterschiedlich verläuft, ist dieses noch relativ unsicher. Im Standardmodell ist das tatsächliche Alter des Universums stets kleiner als 1/H, da die Expansionsgeschwindigkeit durch die wechselseitigen Gravitationskräfte gebremst wird. In Quantenvakuum-Modellen werden dagegen, wegen der Ungleichförmigkeit der Entwicklung in den Anfangsphasen, Werte bis zu 30 Milliarden Jahre als Weltalter – in diesen Modellen als Alter der kosmischen Materie – für realistisch gehalten.

Sternentwicklung

Im Lauf der Evolution des Universums kam es auch zur Bildung astronomischer Strukturen (Galaxienhaufen, Galaxien, Sternsysteme). Eine Altersbestimmung anhand dieser Objekte ergibt ein Minimalalter für den Kosmos. Die ältesten Objekte des Milchstraßensystems sind die kugelförmigen Sternhaufen. Aus den Theorien der Sternentwicklung läßt sich das Alter ihrer Sterne zu etwa 17 Milliarden Jahre berechnen. Es läßt sich also mit Sicherheit sagen, daß das Entwicklungsalter der ältesten Sterne von der gleichen Größenordnung ist wie das Expansionsalter der Welt.

Erde

Durch den radioaktiven Zerfall einiger schwerer Elemente und die Anhäufung der Zerfallprodukte läßt sich abschätzen, welche Zeit seit der Erkaltung der Erdkruste vergangen ist. Im Mittel über verschiedene Methoden erhält man rund 4 Milliarden Jahre.

Nach der gleichen Methode läßt sich auch das Alter der Meteoriten und der Gesteinsproben von der Mondoberfläche abschätzen. Die Ergebnisse sind im Einzelfall ganz verschieden und reichen bis zu einige Milliarden Jahre.

Atome

Die Atome der stabilen Elemente können prinzipiell beliebig alt sein, nicht dagegen die radioaktiv zerfallenden Atome. Daß überhaupt noch etwas von ihnen vorhanden ist, zeigt, daß sie nur vor endlicher Zeit entstanden sein können. Berechnungen ergaben, daß sie vor etwa 12 Milliarden Jahren entstanden sind.

Da die schweren Elemente im Inneren der Sterne gebildet werden, dürfte das Alter der radioaktiven Elemente nicht größer sein als das der ältesten Sterne.

Faßt man die Resultate zusammen, die sich für Atome, Sterne und ferne Spiralnebel ergeben, so läßt sich mit einiger Sicherheit sagen: Die Welt, so wie wir sie kennen, ist mindestens 10 bis 20 Milliarden Jahre alt.

Raum und Zeit

Spezielle Relativitätstheorie (SRT)

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden der Raum mit seinen drei Dimensionen und die Zeit als Gegebenheiten vor jeglicher naturwissenschaftlichen Erkenntnis angesehen. Sie waren für die Beschreibung der Naturereignisse unentbehrliche Begriffe und zugleich fundamentale Kategorien unseres Denkens und unserer Anschauung. Dann gewann die Vorstellung an Boden, daß Raum und Zeit selber physikalische Größen und damit Gegenstand physikalischer Forschung sein könnten.

Einen Markstein in dieser Entwicklung bedeutet die Begründung der Speziellen Relativitätstheorie (1905) durch A. Einstein. Versuche zeigten, daß die Ausbreitung des Lichts eine unbeeinflußbare (invariante) Größe ist. Zeit und Raum können also nicht voneinander unabhängig angesehen werden, sie sind miteinander zu einem vierdimensionalen Kontinuum verknüpft: Ein Ereignis wird durch einen Punkt in dieser Raumzeit eindeutig festgelegt. Es erscheinen vom ruhenden Betrachter aus gesehen die Zeitintervalle im bewegten System gedehnt (Zeitdilatation), die Längenintervalle aber verkürzt (Längenkontraktion). Die Längenkontraktion erfolgt nur in Richtung der Bewegung. Die Zeitdilatation läßt andererseits die Uhren in bewegten Systemen (vom ruhenden aus beurteilt) langsamer laufen. Es kommt auch zu einer Veränderung der Masse bewegter Körper durch relativistische Effekte: Die bewegte Masse ist größer als die Ruhemasse.

Von hier bis zur Erkenntnis, daß Masse und Energie äquivalente Größen sind, die durch Einsteins bekannte Gleichung E=mc2 verknüpft sind, ist es nur noch ein kleiner Schritt.

Allgemeine Relativitätstheorie (ART)

Die Allgemeine Relativitätstheorie geht ebenfalls auf Einstein zurück. Sie ist das Ergebnis des Versuchs, die physikalischen Gesetze, die in der SRT invariant für gleichförmig bewegte Bezugssysteme formuliert werden, auch invariant für beschleunigte Systeme zu schreiben. In beschleunigt bewegten Systemen treten bekanntlich Trägheitskräfte auf, die ebenso wie die Gravitationskräfte der Masse proportional sind. Die Theorie muß also so beschaffen sein, daß in ihr die Gleichheit von schwerer und träger Masse nicht als Zufall, sondern als Notwendigkeit erscheint. Dies bedeutet ein Gleichsetzen von Gravitationseffekten und Trägheitseffekten. Durch die Verknüpfung von Trägheit und Schwere wird die ART zu einer Theorie der Gravitation. Da die Beschleunigung durch einen Ausdruck, in dem nur Raum-Zeit-Koordinaten vorkommen, beschreibbar ist, müßte notwendigerweise auch das Schwerefeld nur durch die Eigenschaften des Raum-Zeit-Kontinuums darstellbar sein. Man benötigt hierfür allgemeine Riemannsche Räume, Räume mit einer nichteuklidischen Metrik. In diesen Räumen gibt es keine Geraden, aber doch immerhin kürzeste Verbindungen zwischen zwei Raum-Zeit-Punkten, sogenannte geodätische Linien, kurz Geodäten genannt.

Die gravitative Wirkung ist demnach nichts anderes als ein Effekt der Krümmung des nichteuklidischen Raumes auf die physikalischen Objekte.

Es zeigt sich die gegenseitige Abhängigkeit von Raum-Zeit-Struktur und Materieverteilung. Die Raum-Zeit-Struktur bestimmt Bewegung und Lage der Materie, und umgekehrt bestimmt die Materieverteilung die Raum-Zeit-Struktur.

Der Bruch der Symmetrie

In der vorangegangenen kurzen Darstellung der Grundgedanken der Relativitätstheorie erscheinen die drei Dimensionen des Raums und die Zeit als weitgehend gleichberechtigte Koordinaten, die einen Raum-Zeit-Punkt, ein Ereignis im Kosmos, definieren, und die bei Transformationen, d.h. beim Übergang zu einem anderen Bezugssystem miteinander mischen. Diese Gleichberechtigung von Raum und Zeit zeigt sich auch darin, daß alle grundlegenden Gesetze der klassischen Physik symmetrisch in bezug auf diese Koordinaten sind, d.h. auch bei Spiegelungen noch gültig bleiben. Das gilt insbesondere auch in bezug auf die Zeit, d.h. Vergangenheit und Zukunft sind austauschbar. Dennoch gibt es viele Vorgänge, in denen Vergangenheit und Zukunft sich eindeutig unterscheiden. Diese Vorgänge sind irreversibel, d.h. bei denen kann der frühere Zustand nicht wiederhergestellt werden (ohne daß man anderswo Änderungen bewirkt).

Es gibt eine physikalische Größe, die Entropie, die den Zustand eines physikalischen Systems global beschreibt, und die die Eigenschaft hat, daß sie bei allen irreversiblen Prozessen nur zunehmen kann. Dies ist eine der wesentlichen Ursachen für die Asymmetrie zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Weltmodelle

Die aufgrund von Beobachtungen und in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen entwickelten Vorstellungen über die Struktur der Welt als Ganzes bezeichnet man als Weltmodelle. Sie sind vereinfachte Beschreibungen, da sie über kleinräumige Strukturen mitteln. Sie sind aber auch unsichere Konstruktionen, da wir nicht wissen, ob die Basis der Beobachtungen ausreicht und ob die relevanten Naturgesetze alle erkannt worden sind. So können die Weltmodelle auch in ihren Grundkonzeptionen noch durchaus in Frage gestellt werden.

Wir beginnen mit den wesentlichen Postulaten, auf die sich die heutigen Weltmodelle stützen.

Isotropie und Homogenität

Die Verteilung der Galaxien an der Sphäre ist gleichförmig. Es gibt damit also hinsichtlich der räumlichen Dichte der Galaxien, von unserem Standort aus beurteilt, keine ausgezeichnete Richtung. Wir sahen bereits, daß es für das Hubble-Gesetz der Rotverschiebung keine erkennbare Richtungsabhängigkeit gibt. Auch die anderen für die Kosmologie relevanten Beobachtungen stehen nicht im Widerspruch zu der Annahme, daß die Welt für uns isotrop ist. Damit liegt es nahe, Isotropie, d.h. Gleichberechtigung aller Richtungen zu einem kosmologischen Grundpostulat zu erheben. Daraus folgt, daß die Isotropie eine Eigenschaft sein muß, die unabhängig vom Bezugspunkt ist. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Welt gleichzeitig homogen ist, d.h. wenn sie unabhängig von der Wahl des Bezugspunktes stets den gleichen Anblick bietet. Es gibt keinen Widerspruch mit den Beobachtungen, wenn man nur Homogenität bis zum Welthorizont fordert. Im folgenden wollen wir jedoch von der strengen Homogenität ausgehen. Die grundlegende Forderung nach räumlicher Isotropie und Homogenität des Universums zu jedem Zeitpunkt wird „kosmologisches Prinzip“ genannt.

Isotropie und Homogenität bedeuten zunächst, daß auch die Metrik nicht vom Ort abhängen kann, was insbesondere zur Folge hat, daß für alle mit der Materie mitbewegten Beobachter die Zeitkoordinate die gleiche ist. Es gibt also eine universielle kosmische Zeitskala.

Nach diesem Postulat muß der Zustand des Kosmos in genügend großen Bereichen (Zellen) unabhängig davon sein, wo diese Bereiche liegen. Dann wird bei einer Einteilung des Kosmos in gleich große Zellen, die für sich jeweils hinreichend viele Blasen enthalten, der Inhalt jeder Zelle derselbe sein. Natürlich müssen diese Zellen an der Expansion der Welt teilnehmen, also selber expandieren.

Durch die Expansion des Kosmos vergrößert also eine herausgegriffene Zelle ihr Volumen V, während die Materiemenge in ihr erhalten bleibt. Hieraus folgt, daß die Materiedichte mit V-1 abnehmen muß. Auch die Zahl der Photonen des Strahlungsfelds bleibt erhalten. Während also die Gesamtphotonenzahl in der Zelle erhalten bleibt, wächst – aufgrund des Doppler-Effektes – die den Photonen zugeordnete Wellenlänge in gleicher Weise wie die lineare Ausdehnung der Zelle, die proportional zu Vhoch1/3 ist. Im gleichen Verhältnis verringert sich damit aber ihre Energie. So nimmt die Energiedichte und auch die Massendichte des Strahlungsfeldes bei zunehmendem Volumen ab. Bei einer solchen Expansion geht ein Hohlraumstrahlungsfeld wieder in ein Hohlraumstrahlungsfeld über, allerdings mit einer tieferen Temperatur. Daraus folgt, daß mit der Expansion der Welt die materielle Dichte, die dem Strahlungsfeld zugeordnete Dichte und die zugehörige Temperatur in verschiedener Weise abnehmen.

Diese Zusammenhänge machen es möglich, auf die Dichten und Temperaturen in den früheren Entwicklungsphasen des Kosmos zurückzuschließen.

Ein stationäres Modell

Es ist vorgeschlagen worden, das eingangs besprochene kosmologische Prinzip noch enger zu fassen: Das Universum soll nicht nur von allen Punkten in alle Richtungen gleich aussehen, sondern auch zu allen Zeiten. So befriedigend ein solcher Gedanke vom philosophischen Standpunkt vielleicht auch sein mag, in einer derartigen „steady state“-Kosmologie stößt die Deutung der Beobachtungen auf erhebliche Schwierigkeiten. Zudem muß, um die endliche Dichte aufrecht zu erhalten, wegen der Expansion die ständige Neuschaffung von Materie postuliert werden. – Wir erwähnen dieses Modell nur der Vollständigkeit halber.

Das Standardmodell

Die Expansion des Kosmos hat drei mögliche Lösungen, je nachdem ob der Energieinhalt des Universums, der sich aus der Gravitationsenergie mit negativem Vorzeichen und der positiven kinetischen Energie der Expansion zusammengesetzt, insgesamt positiv, negativ oder gerade null ist.

Ist er positiv, so überwiegt die kinetische Energie und die Massenanziehung wird zu keinem Zeitpunkt die Expansion zum Stillstand bringen können. Eine derartige Lösung nennt man hyperbolisch. Es ergibt sich also eine offene Welt mit negativer Krümmung.

Ist er negativ, so wird die Massenanziehung zu irgendeinem späteren Zeitpunkt die Expansion zum Erliegen bringen und dann die Bewegungsrichtung umkehren. Eine solche Lösung, nach der eine ursprüngliche Expansion in eine spätere Kontraktion übergeht, wird als elliptisch bezeichnet. Hier ist die Welt positiv gekrümmt und geschlossen. Im Grenzfall, in dem der Gesamtenergieinhalt null ist, kommt die Expansion nach unendlich langer Zeit gerade zum Erliegen. Wir haben demzufolge den gewohnten euklidischen Raum (parabolischer Grenzfall).

Die hier besprochenen Weltmodelle heißen auch Friedmann-Modelle.

Die Metrik des Raumes und das zeitliche Verhalten des Weltradius hängen also von dem Verhältnis von Gravitationenergie zu kinetischer Energie ab. Große Anstrengungen sind unternommen worden, um aus den Beobachtungen die heutige mittlere Massedichte abzuleiten und dadurch zu entscheiden, welchem Lösungstyp der reale Kosmos entspricht. Es läßt sich aber noch nicht entgültig entscheiden, ob wir in einem offenen oder in einem geschlossenen Universum leben.

Das Olbersche Paradoxon

Im Rahmen der Friedmann-Modelle findet auch das von Olbers aufgezeigte Paradoxon seine natürliche Erklärung. Olbers machte darauf aufmerksam, daß der Nachhimmel eigentlich taghell sein müßte, wenn die Welt euklidisch (damals eine selbstverständliche und unausgesprochene Annahme), homogen und unendlich ausgedehnt wäre. Einerseits nimmt der Strahlungsfluß jedes Sterns mit r hoch-2 ab, andererseits die als gleichmäßig mit Sternen erfüllten Volumina mir r hoch+2 anwachsen, müßte bei der Summation (Integration) über alle Entfernungen ein Wert für die Strahlung herauskommen, der über alle Grenzen wächst. Zwar bliebe bei Berücksichtigung der gegenseitigen Abdeckung der Sternscheibchen der Wert endlich, doch würde dies immer noch bedeuten, daß der Nachthimmel so hell wäre wie etwa die Sonnenscheibe. Erst wenn man das endliche Alter des Kosmos und die Expansion der Welt berücksichtigt, wird die Dunkelheit des Nachthimmels verständlich. Im Prinzip könnte eine Messung der Resthelligkeit des Nachthimmels zur weiteren Festlegung des Weltmodells verwendet werden. Derartige Messungen sind jedoch nur von Satelliten aus möglich.

Immerhin – es ist ein faszinierender Gedanke, daß von der einfachen Feststellung, daß es nacht dunkel wird, relativ direkt geschlossen werden kann, daß das Alter unserer Welt endlich ist.

Probleme des Standardmodells

Das Horizontproblem

Wie der Horizont das Gesichtsfeld begrenzt, so bildet der Welthorizont die Grenze des beobachtbaren Teils des Kosmos, also des Teils, aus dem die während des Bestehens der Welt ausgesandten Photonen Zeit hatten, uns zu erreichen. Da sämtliche Strahlung sich mit der Lichtgeschwindigkeit c ausbreitet, liegt der Welthorizont in einer Entfernung Rhor=cxt, wenn t das Alter der Welt bedeutet. Der Horizont entfernt sich also von uns mit Lichtgeschwindigkeit.

Wie verhält sich der Weltradius R(t) verglichen mit dem Horizont? Die Ergebnisse von Berechnungen besagen, daß der Horizont sich rascher (linear mit der Zeit) ausweitet als sich der Weltradius vergrößert, gleichgültig, ob dieser durch Materie oder durch Strahlung dominiert ist. Umgekehrt, wenn wir zurückrechnen, wird der Horizont rascher klein als die Ausdehnung des Kosmos.

Diese Zusammenhänge sind in mehrfacher Hinsicht interessant: Da die Lichtgeschwindigkeit die Maximalgeschwindigkeit ist, mit der sich jegliche Wirkung ausbreitet, begrenzt der Horizont auch denjenigen Teil des Kosmos, aus dem uns eine wie auch immer geartete Kausalkette erreichen kann. Der Horizont kennzeichnet also die Grenze des beobachtbaren Universums. Wegen des raschen Schrumpfens des Horizonts ist es unmöglich, daß sich der Kosmos in seinen früheren Entwicklungsphasen insgesamt ins Gleichgewicht setzen konnte. Diese Problematik bezeichnet man als Horizontproblem. Dies betrifft insbesondere auch die kosmische 3 K-Hintergrundstrahlung, deren hoher Grad an Isotropie deshalb im Standard-Weltmodell nicht erklärt werden kann. Danach müßte das Universum schon in seinen frühesten Phasen in allen Bereichen homogen und isotrop gewesen sein.

Es wird physikalisch als unbefriedigend empfunden, derart singuläre, hochsymmetrische Anfangsbedingungen voraussetzen zu müssen.

Das Flachheitsproblem

Die Berechnungen ergaben, daß nach dem Standardmodell der Kosmos schon in seinen frühesten Phasen euklidisch, d.h. flach, gewesen sein muß. Damit sich im Standardmodell im Lauf der kosmischen Entwicklung der heutige Wert des Dichteparameters ergeben kann, muß er schon zu Beginn der Entwicklung in einem extrem kleinen Bereich um 1 gelegen haben. Dieser nicht ohne weiteres zu erklärende Sachverhalt wird als Flachheitsproblem bezeichnet.

Das Monopolproblem

Weitere Probleme des Standardmodells treten in Verbindung mit modernen Theorien auf. Eine mögliche Lösung dieser Probleme versucht das Konzept des sogenannten Inflationären Universums.

Erweiterung des Standardmodells

Man versucht das Standardmodell so zu modifizieren, daß die vorher genannten Probleme zwanglos aus der zeitlichen Entwicklung des Universums erklärt werden können. Der wichtigste Aspekt ist hierbei die Einführung einer sogenannten Inflationären Phase in der sehr frühen Entwicklung des Universums. Danach stimmt die Entwicklung wieder mit dem Standardmodell überein.

Ausgangspunkt für die Idee des Inflationären Universums ist eine neue Ansicht des Begriffs „Vakuum“, der in der Quantenfeldtheorie begründet ist. Man nimmt an, daß sich das Universum in seinen frühesten Phasen in einem Zustand befand, den man „falsches Vakuum“ nennt. In diesem Zustand hat das Universum eine hohe Energiedichte und gleichzeitig einen großen und negativen Druck. Der Zustand des falschen Vakuums ist instabil und nach sehr kurzer Zeit wieder beendet.

Im Inflationären Szenario wird das Horizontproblem in einfacher Weise umgangen. Das beobachtete Universum entwickelt sich aus einem Raumgebiet, das um ein Vielfaches kleiner ist als das entsprechende Raumgebiet im Standardmodell und auch wesentlich kleiner als der Horizontabstand. Aus diesem Grund hat das Universum ausreichend Zeit, Homogenität und Isotropie zu erreichen. Dieses kleine homogene Gebiet bläht sich dann auf und erreicht die Größe, die das beobachtete Universum enthält.

Auch das Flachheitsproblem läßt sich einfach lösen.

Das Monopolproblem läßt sich zumindestens teilweise erklären.

Abschließend soll betont werden, daß mit dem Inflationären Szenario noch längst nicht alle Probleme zur Beschreibung des frühen Universums geklärt sind.

Eine vollständige und konsistente Beschreibung der frühesten Entwicklungsphasen des Kosmos existiert derzeit noch nicht.

Der Feuerball

Wir wollen versuchen, aus der gegenwärtigen Struktur des Kosmos Rückschlüsse auf frühe Entwicklungsphasen zu ziehen und benutzen hierbei insbesondere die bereits besprochenen Zusammenhänge von Dichte, Volumen und Temperatur in ihrer Abhängigkeit von der Zeit.

Die Ursubstanz, aus der sich die Welt entwickelt hat, nennt man heute „Feuerball“ und nennt die frühe Entwicklung „big bang“ oder „Urknall“. Die anfängliche Entwicklung vollzieht sich unvorstellbar rasch und ist in der Tat einer Explosion vergleichbar.

Ablauf: Urknall — Hadronen-Ära — Leptonen-Ära — Strahlungs-Ära — Materie-Ära

Ein Zeitrafferbild

Drängen wir die Geschichte des Universums auf ein Jahr zusammen. Jeder Monat in diesem Bild entspricht in Wirklichkeit einer Milliarde Jahre.

Stellen wir uns vor, mit dem Glockenschlag zum neuen Jahr entstehe auch unsere Welt im Urknall. Der Urstoff, eine Strahlung, die den ganzen Raum gleichmäßig und mit ungeheurer Dichte und Temperatur erfüllt, besaß noch keine Struktur, aber durch den Schwung der geheimnisvollen Explosion dehnte er sich überall gegen seine eigene Schwerkraft aus und kühlte sich dabei ab.

Schon in einem winzigen Bruchteil der ersten Sekunde des ersten Januar entstand die Materie:

Die Elementarteilchen und gleich darauf die einfachsten Atomkerne, Wasserstoff und Helium. Noch vor Ende Januar entkoppelten Strahlung und Materie und die Galaxien bildeten sich. Die ersten Sterngenerationen in den Galaxien erzeugten in ihrem Inneren die höheren chemischen Elemente und schleuderten sie – zum Teil in Staubform – bei ihrer Explosion in das umgebende Gas. Kohlenstoff entstand sehr häufig, und auf Staubkörnern in der Nähe von Sternen formten sich komplizierte organische Moleküle, die heute durch radioastronomische Beobachtungen nachweisbar sind.

Mitte August ging aus einer zusammenstürzenden Wolke von Gas und Staub unser Sonnensystem hervor.

Schon nach einem Tag war die Sonne in ihrem heutigen Zustand und versorgte ihre Planeten mit einem ziemlich konstanten Strahlungsstrom mit einer Temperatur von etwa 6000 Grad. Da der übrige Himmel dunkel und kalt war, konnte die Erde die zugestrahlte Energie bei viel tieferer Temperatur wieder abstrahlen.

So erschienen auf der Erde zuerst komplizierte chemische, dann biologische Strukturen.

Von Mitte September stammen die ältesten Gesteine der Erdoberfläche, und in ihnen finden sich offenbar schon die ersten Spuren von Leben: fossile Einzeller.

Bereits von Anfang Oktober stammen fossile Algen, und im Laufe von zwei Monaten entstand nun zunächst in den Gewässern eine ungeheure Vielfalt von Pflanzen und Tierarten.

Die ersten Wirbeltierfossilien datieren wir auf den 16. Dezember.

Am 19.12. besiedelten die Pflanzen die Kontinente.

Am 20.12. waren die Landmassen mit Wald bedeckt, das Leben schuf sich selbst eine sauerstoffreiche Atmosphäre, die das ultraviolette Licht zurückhielt und somit noch komplexere und empfindlichere Formen des Lebens ermöglichte.

Am 22. und 23. Dezember entstanden aus Fischen amphibische Vierfüßler und eroberten feuchtes Land.

Aus ihnen entwickelten sich am 24. Dezember die Reptilien, die auch das trockene Land besiedelten.

Am 25.12. erschienen die ersten Säugetiere.

In der Nacht zum 30.12. begann die Auffaltung der Alpen.

In der Nacht zum 31.12. entsprang der Menschenzweig vom Ast, von dem ein weiterer Zweig zu den heutigen Menschenaffen führt. Mit etwa 20 Generationen pro Sekunde begann nun der Mensch seine Entwicklung.

Fünf Minuten vor zwölf lebten die Neanderthaler,

15 Sekunden vor zwölf wurde Jesus Christus geboren, eine halbe Sekunde vor zwölf begann das technische Zeitalter.

Schon sind wir im neuen Jahr.