Sonnen- und Mondfinsternisse

„Schwarze Sonne“ und „Roter Mond“

Auf seinem Weg um die Erde zieht der Mond regelmäßig zwischen Sonne und Erde hindurch. Die Mondbahn ist um etwas über 5 Grad gegen die Ekliptik geneigt. So verfehlt der Neumond meist die Sonne und der Vollmond den Erdschatten, und steht in den meisten Fällen etwas oberhalb oder unterhalb der genauen Richtung zur Sonne. Nur wenn der Neumond gerade in unmittelbarer Nähe zur Ekliptik steht, trifft der Mondschatten auf die Erde – eine Voraussetzung, die in jedem Jahr mindestens zwei- und höchstens viermal erfüllt wird. Weil Sonne und Mond am Himmel gleich groß erscheinen, kann der Mond die Sonne dann vollständig abdecken. Die Folge ist eine totale Sonnenfinsternis.

Auf ähnliche Weise kann der Vollmond bis zu dreimal pro Jahr durch den Schatten der Erde wandern, wenn er in unmittelbarer Nähe zur Ekliptik eintritt. Dringt der Vollmond ganz in den Kernschatten der Erde ein, spricht man von einer totalen Mondfinsternis.

Eine Finsternis kann nur dann erwartet werden, wenn die Neumond- bzw. Vollmondphase nahe einem der beiden Schnittpunkte der Sonnen- und Mondbahn eintritt. Diese Punkte nennt man auch den aufsteigenden und absteigenden Knoten, die Verbindung zwischen ihnen die Knotenlinie.

Würden Erde und Mond in derselben Ebene die Sonne umrunden, so gäbe es bei jeder Neumond- oder Vollmondstellung eine entsprechende Finsternis.

Vorausberechnen konnte man das Eintreten einer Finsternis schon vor mehr als 2000 Jahren. Grundlage war der heute sogenannte Saroszyklus, den babylonische Himmelsbeobachter aus ihren viele Jahrhunderte überdeckenden Aufzeichnungen herausgelesen hatten: Sonnen- und Mondfinsternisse wiederholen sich unter ähnlichen Voraussetzungen nach jeweils rund 18 Jahren.

Diese Periode ist leicht nachvollziehbar, wenn man sich kurz die Voraussetzungen für die Entstehung einer Finsternis in Erinnerung ruft: Zum einen muß der Mond in Neumond-(Sonnenfinsternis) oder in Vollmondposition (Mondfinsternis) am Himmel stehen, zum anderen muß er sich auf seiner Bahn gerade in einem der beiden Knotenpunkte aufhalten (so bezeichnet man die Kreuzungspunkte von Mond- und Sonnenbahn).

Nun bleibt aber die Knotenlinie der Mondbahn nicht stehen, sondern wandert in etwa 18.6 Jahren einmal um die ganze Mondbahn herum und zwar rückläufig, d.h. entgegengesetzt zur Bewegungsrichtung des Mondes. Deshalb ist die Zeitspanne, die der Mond benötigt um vom aufsteigenden Knoten wieder zu ihm zurückzukehren, etwas kürzer als die siderische Umlaufzeit: 27 Tg. 5 Std. 6 Min. Dies ist die drakonitische Umlaufzeit des Mondes. So verfrühen sich die beiden „Fenster“, in denen die Finsternisse eintreten können, von Jahr zu Jahr laufend um knapp 3 Wochen.

Nach etwas über 18 Jahren wiederholen sich die Finsternisse in fast derselben Form. Dieser sog. Saroszyklus dauert 18 Jahre 11 oder 10 Tage, je nachdem, ob während dieses Zeitraums 4 oder 5 Schalttage eintreten. Nach diesem Zeitraum wiederholen sich Sonnen- oder Mondfinsternisse unter recht ähnlichen Bedingungen; der Tagesbruchteil führt allerdings dazu, daß die jeweils nächste Finsternis aus einem Zyklus etwa einen drittel Tag oder 8 Stunden später eintritt und entsprechend rund 120° weiter westlich zu beobachten ist.

Die Zyklusdauer entspricht ziemlich exakt ganzzahligen Vielfachen der synodischen und drakonitischen Monate: Es sind nämlich 233 synodische Umläufe = 18 Jahre 10,32 Tage 242 drakonitische Umläufe = 18 Jahre 10,36 Tage. Da die Rechnung natürlich doch nicht exakt aufgeht, reißen die Saroszyklen meist nach vielen Jahrhunderten wieder ab.

Pro Jahr treten im Durchschnitt 2 bis 3 Sonnenfinsternisse und 1 bis 2 Mondfinsternisse ein. Man muß aber bedenken, daß Sonnenfinsternisse nur in einem begrenzten Gebiet der Tagseite der Erde sichtbar sind: der Mondschatten kann nicht die ganze Erde erfassen. Mondfinsternisse sind dagegen von der gesamten Nachtseite der Erde aus zu sehen. Dadurch sind für einen bestimmten Beobachtungsort auf der Erde Mondfinsternisse doch häufiger als Sonnenfinsternisse.

Es ist ein glücklicher und rein zufälliger Umstand, daß Sonne und Mond am Himmel nahezu gleich groß erscheinen.

Bei den Sonnenfinsternissen unterscheidet man:

1. Totale Finsternisse: Die ganze Sonnenscheibe wird durch den Mond verdeckt. Dauer: höchstens 7 Minuten. Rings um die verfinsterte Sonne taucht als Strahlenkranz die Sonnenkorona auf, die äußerste Hülle der Sonne. Der Beobachter befindet sich im Kernschatten des Mondes.

2. Partielle Finsternisse: Die Sonne wird vom Mond nur teilweise bedeckt. Der Beobachtungsort liegt im Halbschatten des Mondes.

3. Ringförmige Finsternisse: Auf seiner elliptischen Bahn befindet sich der Mond nahe seinem erdfernsten Punkt. Dadurch erscheint er kleiner als die Sonnenscheibe. Selbst bei einem zentralen Vorübergang des Mondes bleibt ein unverfinsterer Ring der Sonne übrig.

Bei den Mondfinsternissen unterscheidet man:

1. Totale Finsternisse: Der Mond taucht vollständig in den Kernschatten der Erde. Die Erdatmosphäre bricht aber ein wenig Sonnenlicht in den Kernschatten der Erde. Auf dem langen streifenden Weg durch die Atmosphäre wird das blaue, kurzwellige Licht gestreut, so daß nur das rote, langwellige Licht in den irdischen Kernschatten gelangt. So verschwindet der Mond bei einer totalen Finsternis meist nicht völlig, sondern erscheint immer noch in einem schwachen, kupferroten bis bräunlichen Licht.

2. Partielle Finsternisse: Der Mond tritt nur teilweise in den Kernschatten der Erde ein. Nur ein Teil des Mondes ist verfinstert.

3. Halbschattenfinsternisse: Der Mond durchquert nur den Halbschatten der Erde. Da dieser stark aufgehellt ist (von ihm aus wäre nur eine partielle Sonnenfinsternis zu sehen), fallen derartige Finsternisse fast gar nicht auf. Lediglich zur Kernschattengrenze hin erkennt man eine schwache, rauchartige Verdüsterung.

Mondfinsternisse

Mondfinsternisse können nur bei Vollmond auftreten, wenn der Mond durch den Schatten der Erde wandert; aufgrund der Neigung der Mondbahn gegen die Ekliptik wird der Vollmond aber nicht jedes Mal vom Erdschatten getroffen. Dennoch sind pro Jahr zwei oder drei Verfinsterungen zu beobachten, und zwar jeweils dort, wo der Mond zum Zeitpunkt der Finsternis über dem Horizont steht; dabei zieht der Erdtrabant aufgrund seiner Bewegung um die Erde von West nach Ost durch den Schatten hindurch. Man unterscheidet zwei Schattenzonen: den tiefen Kernschatten (Umbra), der auf der sonnenabgewandten Seite spitz zuläuft, und den aufgehellten Halbschatten (Penumbra), der nach hinten immer größer wird. Eine Halbschattenfinsternis ist aufgrund der geringen Helligkeitsabnahme sehr unauffällig; dringt der Mond dagegen teilweise in den Kernschatten ein, so spricht man von einer partiellen Finsternis. Besonders reizvoll sind aber totale Verfinsterungen, wenn der Mond ganz im Erdschatten verschwindet; die Totalität kann maximal 1 Stunde 42 Minuten dauern.

Da die irdische Atmosphäre einen Teil des am Rand auftretenden Sonnenlichtes in den Erdschatten ablenkt, wird der Mond auch bei einer totalen Finsternis meist nicht völlig unsichtbar; er leuchtet vielmehr in einem rötlichen Schein (der Blauanteil des Lichtes wird in der Erdatmosphäre herausgestreut). Die verbleibende Resthelligkeit scheint von verschiedenen Faktoren beeinflußt: Sonnenaktivität, Vulkanausbrüche und Meteorschauer kommen hier in Frage (Staubteilchen vulkanischen und meteoridischen Ursprungs können mitunter über Monate in der Atmosphäre verweilen und ihre Lichtdurchlässigkeit beeinträchtigen). Farbe und Helligkeit des verfinsterten Mondes schwanken dabei beträchtlich.

Während der Verfinsterung bleiben nicht nur die Maria sichtbar, sondern auch einige Krater. Möglicherweise besitzt das Oberflächenmaterial dort eine gewisse Luminiszenz, doch ist die genaue Ursache unbekannt.

Von Interesse sind auch Messungen des zeitlichen Verlaufs. Dabei sind der erste und zweite Kontakt (erste Berührung mit dem Kernschatten und vollständiges Eintauchen) ebenso wie der dritte und vierte Kontakt noch am einfachsten zu bestimmen. Aus solchen Werten läßt sich der Einfluß der Erdatmosphäre auf die Größe des Erdschattens ableiten.

Sonnenfinsternisse

Normalerweise zieht der Neumond auf seiner Bahn um die Erde nicht genau zwischen Sonne und Erde hindurch, so daß sein Schatten die Erde verfehlt. Mindestens zweimal pro Jahr, mitunter auch bis zu fünfmal, trifft dieser jedoch die Erdoberfläche und läßt eine Sonnenfinsternis entstehen.

Der Mondschatten besteht wie der Schatten der Erde aus einem spitz zulaufenden Kernschatten und einem größeren Halbschatten. Im Bereich des Halbschattens kann man eine partielle Sonnenfinsternis beobachten; für astronomische Zwecke ist ein solches Ereignis wenig ergiebig, allenfalls die Astrofotografen haben ihre Freude daran. Natürlich gelten die gleichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei der Beobachtung der unverfinsterten Sonne: man darf NIE mit bloßem Auge, einem Fernglas oder einem Teleskop eine Finsternis direkt verfolgen.

Im Bereich des Kernschattens entsteht eine totale Sonnenfinsternis. Dabei können helle Sterne und Planeten am dunklen Himmel aufleuchten. Die Totalitätszone ist stets sehr schmal (nie breiter als rund 300 km), so daß eine totale Sonnenfinsternis für einen speziellen Ort auf der Erde ein seltenes Ereignis bleibt. Aufgrund der Erddrehung und der Bewegung des Mondes zieht der Kernschatten über die Erdoberfläche hinweg, und so kann eine totale Finsternis maximal rund 7.5 Minuten dauern; die meisten Finsternisse währen wesentlich kürzer. Mitunter steht der Mond so weit von der Erde entfernt, daß sein Kernschatten nicht bis zur Erdoberfläche reicht; bei einer solchen ringförmigen Sonnenfinsternis bleibt ein schmaler Rand um die dunkle Mondscheibe sichtbar.

Während einer totalen Sonnenfinsternis kann man gut die Korona beobachten, die sich weit in den Raum hinaus erstreckt. Diese äußere Sonnenatmosphäre ist mehrere Millionen Grad heiß, und ihre Form ändert sich mit der Sonnenaktivität; während des Fleckenminimums erscheint sie regelmäßiger geformt, zeigt ansonst jedoch ausgedehnte Strahlen und über den Polen bartähnliche Struktren. Die innere Korona kann man von der Erde aus mit einer speziellen Ausrüstung beobachten, die äußere dagegen nur bei einer totalen Sonnenfinsternis.

Auffällig sind auch die violett erscheinenden Protuberanzen am Sonnenrand. Diese Bögen und Spitzen leuchtenden Gases sehen aus, als würden sie von der Sonnenoberfläche herausgeschleudert, doch handelt es sich vielfach um Koronagase, die zur Sonnenoberfläche herabströmen. Mit speziellen Filtern kann man Protuberanzen auch ohne Sonnenfinsternis beobachten, ja sogar als dunkle Filamente gegen die helle Sonnenoberfläche erkennen.

Um die Zeit des zweiten und dritten Kontaktes können Lichtstrahlen mitunter noch durch Mondtäler hindurchdringen und das berühmte Perlschnur-Phänomen hervorrufen. Gelegentlich kann auch der sogenannte Diamantring beobachtet werden.

2.Version

Sonnen- und Mondfinsternisse sind geometrisch-optische Phänomene, die dann eintreten, wenn Sonne, Mond und Beobachtungort (nahezu) auf einer Geraden liegen. Befindet sich dabei der Mond zwischen Sonne und Beobachter, so wird eine Sonnenfinsternis beobachtet; liegt dagegen die Erde zwischen Sonne und Mond, dann wird der Mond verfinstert. Daraus ergibt sich, daß Sonnenfinsternisse nur bei Neumond und Mondfinsternisse nur bei Vollmond eintreten können. Da die Mondbahn um 5°8´ gegen die Ekliptik geneigt ist, können beide Arten von Finsternissen aber nur eintreten, wenn der Mond in der Nähe eines seiner Knoten steht.

Der scheinbare Monddurchmesser ist nicht zu allen Zeiten größer als der scheinbare Sonnendurchmesser. So kann die Sonne durch den Mond so bedeckt werden, daß von ihr noch ein ringförmiger Saum sichtbar ist. Man spricht in diesem Fall von einer ringförmigen Sonnenfinsternis. Teil- oder partielle Sonnenfinsternisse nennt man solche, bei denen nur eine teilweise Bedeckung durch den Mond eintritt. Wegen des geringen Unterschieds der scheinbaren Durchmesser von Sonne und Mond und wegen des Distanzunterschieds Sonne-Erde bzw. Mond-Erde tritt eine totale Sonnenfinsternis nur für eine schmale Zone auf der Erde ein. Für Beobachtungsorte außerhalb dieser Totalitätszone ist die Finsternis nur mehr oder weniger partiell. Auch beim Mond ist eine teilweise oder partielle Verfinsterung möglich.

Sonnen- und Mondfinsternisse wiederholen sich innerhalb von 6585.3 Tagen oder 18 Jahren und 11.3 Tagen. Dieser Zeitraum – auch als Saros-Zyklus bezeichnet – war schon den alten Hochkulturen des Vorderen Orients bekannt. Wie man aus den Bahnen von Erde und Mond sowie ihren jeweiligen Durchmessern berechnen kann, sind in einem Jahr höchstens fünf Sonnenfinsternisse und drei Mondfinsternisse möglich. Aus dem Verhältnis der erlaubten Knotenabstände für Sonnen- bzw. Mondfinsternisse folgt, daß Sonnenfinsternisse 1.56mal häufiger sind als Mondfinsternisse. Dies gilt für die Gesamtzahl der Finsternisse auf der Erde; für einen bestimmten Ort sind Mondfinsternisse häufiger, da Sonnenfinsternisse immer nur auf einem schmalen Streifen, Mondfinsternisse jedoch auf der halben Erde sichtbar sind.