Sternentstehung und Protosterne – bis Sternengeburt

Sterne und interstellares Medium, die beiden wichtigsten Komponenten des Milchstraßensystems, sind nicht unabhängig voneinander, sondern sie tauschen ständig Materie aus. Die Sterne verlieren durch stellare Winde Materie an das interstellare Medium. Zwar ist der Masseverlust der Sonne durch den solaren Wind nur von der Größenordnung 2x10hoch-14 MX/Jahr, doch konnte z.B. bei Riesensternen und Überriesen ein sehr viel größerer Verlust von 10hoch-8 bis 10hoch-15 MX/Jahr nachgewiesen werden. Auch der Masseverlust, den die Zentralsterne der Planetarischen Nebel erlitten haben, liegt mit Sicherheit am oberen Ende dieses Bereichs. Schließlich wird, im Gegensatz zu diesen mehr oder weniger kontinuierlichen Prozessen, auch in den Nova- und Supernova-Ausbrüchen stellare Materie an das interstellare Medium abgegeben. Der gegenläufige Prozeß des Aufsammelns interstellarer Materie durch Sterne erscheint demgegenüber unbedeutend. Zur Hauptsache verliert das interstellare Medium Materie durch die Bildung neuer Sterne. Der Massefluß sieht damit im wesentlichen so aus:

Sterne → (Masseverlust) → Interstellares Medium

Sterne ← (Sternbildung) ← Interstellares Medium

Die Massebilanz ist jedoch nicht ausgeglichen. Im Lauf der Sternentwicklung wird immer nur ein Teil der Sternmasse an das interstellare Medium zurückgegeben,so daß der Masseanteil, der in den Sternen steckt, mit der Zeit zunimmt. Die Weißen Zwerge und die Neutronensterne sind Beispiele für den Masseanteil, der nicht mehr für den Austausch zur Verfügung steht.

Orte der Sternentstehung

Die Verteilung der Sterne in unserer Galaxis, sowohl im Raum als auch hinsichtlich der Geschwindigkeit, gibt Aufschluß über die Orte der Sternentstehung. Je jünger ein Stern ist, um so weniger hat er sich vom Ort seiner Entstehung entfernt und um so besser kann man von seiner jetzigen Geschwindigkeit auf die Anfangsgeschwindigkeit schließen. Dies gilt besonders für die O- und B-Sterne, deren gesamtes Entwicklungsalter kleiner ist als die Dauer einer Rotation unserer Galaxis und die daher – da auch ihre Umgebung an der galaktischen Rotation teilnimmt – noch ungefähr am Ort ihrer Entstehung gesehen werden. Was für die Verteilung der O- und B-Sterne gilt, trifft gleichermaßen auf die HII-Gebiete zu. Auch sie geben Aufschluß über die Bereiche, in denen vor kurzem Sterne entstanden sind und in denen möglicherweise noch gegenwärtig Sterne entstehen. Diese sehr jungen Sterne fallen mit den Bereichen hoher Dichte der interstellaren Materie (siehe etwa 21 cm-Beobachtungen) zusammen. Auch in kleineren Bezirken ist das Zusammengehen von interstellarem Gas und jungen Sternen offensichtlich. Die O- und B-Sterne bilden lockere Gruppen (OB-Assoziationen), vorwiegend am Rand von großen interstellaren Gaswolken, die dann als HII-Gebiete in Erscheinung treten. Diese Assoziationen expandieren, sie sind also, anders als offene Sternhaufen, nicht durch ihr eigenes Gravitationsfeld gebunden. Einige Sterne mit besonders hohen Geschwindigkeiten haben sich zwar weit entfernt, doch kann ihre Zugehörigkeit zur Assoziation durch Zurückrechnen ihrer Raumbewegung festgestellt werden (run away stars).

Der Zusammenhang zwischen interstellarer Materie und Sternentstehung wird auch durch die räumliche Verteilung der T Tauri-Veränderlichen belegt. Sie kommen ebenfalls nur in Assoziationen vor und – mit wenigen Ausnahmen – nur in großen Dunkelwolken-Komplexen. So steht der Prototyp T Tauri im großen Tauruskomplex. Auch die T Tauri-Sterne müssen als sehr junge Objekte angesehen werden.

Der hier in einzelnen Sterntypen aufgezeigte Zusammenhang gilt generell. Junge Sterne kommen nur in der Sternpopulation I vor, und nur für diese Population ist ihre räumliche Verteilung nahezu identisch mit jener der interstellaren Materie. Auch ihr kinematisches Verhalten entspricht völlig dem des interstellaren Mediums. Beide Komponenten unserer Galaxis nehmen im Gegensatz zur alten Population II an der galaktischen Rotation teil. Eine weitere Bestätigung des Zusammenhangs zwischen jungen Sternen und interstellarem Medium liefert die Untersuchung anderer Galaxien. Solche mit hohem Gehalt an interstellarer Materie (Sc-Spiralen, irreguläre Galaxien vom Typ I) haben viele heiße Sterne und damit einen niedrigen Farbindex sowie ein niedriges Masse-Leuchtkraft-Verhältnis. Im Gegensatz hierzu stehen etwa die E-Galaxien, praktisch ohne Gas, mit einer alten Sternpopulation.

Sternmassen

Die Zustandsgrößen der Sterne, wie Masse, Radius, Schwerebeschleunigung, effektive Temperatur und chemische Zusammensetzung, ändern sich im Lauf ihrer Entwicklung. Für einige dieser Größen gibt es Erhaltungssätze, die für die Sterne streng gelten würden, wenn diese nicht in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung stünden. Für einen realen Stern, der Energie abgibt und im Masse- und Drehimpulsaustausch mit der Umgebung steht, werden die Erhaltungssätze nur annähernd erfüllt. Zu den annähernd konstanten Größen gehören die Sternmasse und (mit stärkeren Einschränkungen) auch der Drehimpuls.

Man darf also erwarten, daß die gegenwärtige Masseverteilung der Sterne, also die Funktion, die angibt, mit welcher Häufigkeit Sternmassen etwa im Intervall M bis M+dM vorkommen, mit der Masseverteilungsfunktion Psi(M) bei der Sternbildung zusammenhängt. Da die Verteilung der Sternmassen bei ihrer Entstehung durch eine Theorie der Sternentstehung zumindest verständlich gemacht werden sollte, müssen wir der Frage, wie die gegenwärtige Masseverteilung mit der Funktion Psi(M) zusammenhängt, Aufmerksamkeit schenken.

Psi(M) ist nicht der direkten Beobachtung zugänglich, sondern muß indirekt aus der gegenwärtigen Leuchtkraftfunktion PhiMv) erschlossen werden. Diese Leuchtkraftfunktion gibt für die Sonnenumgebung die Anzahl der Sterne pro pc3 in einem Intervall Mv bis Mv+dMv ihrer absoluten Helligkeit an. Zu ihr tragen alle Sterne bei, die sich irgendwann seit der Entstehung des Milchstraßensystems gebildet haben, wenn sie nur beobachtbar sind und in dem definierten Volumen und in dem betrachteten Helligkeitsintervall liegen.

Will man von Phi(Mv) auf die Leuchtkraftverteilung Psi(Mv) bei der Bildung der Sterne schließen, so muß man bedenken, daß die Sterne eine von ihrer absoluten Helligkeit Mv abhängige Entwicklungszeit te(Mv) haben, die mit ihrer Verweildauer auf der Hauptreihe praktisch identisch ist. Für Sterne niedriger Leuchtkraft (Mv>4) ist die Entwicklungszeit größer als das Alter t0 der Galaxis von etwa 10hoch10 Jahren. Alle derartigen Sterne, die sich irgendwann seit der Entstehung der Galaxis gebildet haben, werden also zu Phi(Mv) beitragen. Dagegen haben leuchtkräftige Sterne mit Mv<4 Entwicklungszeiten te(Mv), die kleiner als t0 sind, so daß man zum gegenwärtigen Zeitpunkt von den hellen Sternen nur noch diejenigen wird beobachten können, für die der Zeitpunkt ihrer Entstehung höchstens um te(Mv) zurückliegt. Unter der Voraussetzung, daß eine konstante Rate der Sternentstehung in unserer Galaxis angenommen werden darf, und daß Psi(Mv) unabhängig ist von der Entwicklung der Galaxis, muß also gelten:

für Mv > 4 ist Phi(Mv) proportional zu Psi(Mv);

für Mv < 4 ist Phi(Mv) proportional zu Psi(Mv) x te(Mv)/t0.

Durch diese Umrechnung wird für Mv<4 der steile Abfall der Leuchtkraftfunktion Phi(Mv) weitgehend aufgehoben, so daß Psi(Mv) damit über einen großen Bereich von Sternhelligkeiten durch einen relativ glatten Kurvenzug dargestellt werden kann. Einen derartigen glatten Verlauf hat man für die Leuchtkraftfunktion von jungen Sternhaufen, die praktisch noch keine Entwicklungseffekte zeigen, direkt aus den Beobachtungen abgeleitet.

Für die Umrechnung von Psi(Mv) in die zugehörige Masseverteilungsfunktion Psi(M) kann jetzt die Masse-Leuchtkraft-Beziehung herangezogen werden. Man findet auf diese Weise, dass über einen Massebereich von etwa 0.1 MX bis 100 MX

Psi(M)~Mhoch-2.35 ist.

Man hat versucht, Masseverteilungsfunktionen für Dunkelwolken wie auch für Sternaggregate (Assoziationen, offene Haufen) abzuleiten. Auch sie lassen sich durch Potenzgesetze, und zwar mit den Exponenten

– 2.16 für Dunkelwolken und

– 2.2 für Aggregate befriedigend darstellen.

Die näherungsweise Übereinstimmung der Exponenten legt die Vorstellung nahe, dass ein im Wesentlichen ähnlicher Prozess die Masseverteilung von so unterschiedlichen Objekten wie Einzelsterne, Sternassoziationen und Dunkelwolken gesteuert hat. Damit könnte das Massespektrum der Einzelsterne schon in einer sehr frühen Phase der Sternentstehung festgelegt worden sein.

Mehrfachsysteme

Wie die Masse der Sterne wird auch ihre Zugehörigkeit zu einem Doppel- oder Mehrfachsystem direkt mit dem Vorgang ihrer Entstehung zusammenhängen. Die Bildung von Doppel- oder Mehrfachsternen durch Einfang (der aus Gründen der Energie- und Impulserhaltung immer einen dritten Partner voraussetzt) sind nämlich nur bei sehr hohen Sterndichten, z.B. in Zentren von Kugelhaufen, von nennenswerter Wahrscheinlichkeit.

Die Statistik der Doppel- und Mehrfachsysteme – die noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist – zeigt, dass nur etwa 20 % aller Sterne Einzelsterne, dass dagegen 50 % Mitglieder von Doppelsternsystemen sind. Weitere 20 % gehören Dreifachsystemen an, und immerhin sind rund 10 % Mitglieder noch höherer Mehrfachsysteme. Diese Zahlen – die nur einen Anhalt geben können – besagen, dass bei der Sternentstehung die Bildung von Doppel- und Mehrfachsystemen fast die Regel ist; es ist zu vermuten, dass die Bedingung der Erhaltung des Drehimpulses so am einfachsten erfüllt wird.

Im Übrigen dürfen Sternassoziationen oder offene Sternhaufen hinsichtlich ihrer Entstehung nicht einfach als sehr sternreiche Mehrfachsysteme angesehen werden. So machen Gesetzmäßigkeiten im Aufbau der Mehrfachsysteme, für die es bei Sternhaufen kein Analogon gibt, deutlich, dass Sternhaufen und Mehrfachsysteme hinsichtlich ihrer Entstehung verschiedene Objekte sind, die sich nicht nur durch die Zahl der zugehörigen Sterne unterscheiden.

Drehimpulse

Der Drehimpuls ist neben der Masse eine weitere sehr wichtige Größe, für die ein Erhaltungssatz gilt. Er ist für Sterne konstant, solange diese von der Umgebung isoliert sind, also keinen Drehimpuls auf sie übertragen. Diese Bedingung ist bei vielen Sternen aber nicht erfüllt, weil sie Masse verlieren. Mit jedem Materietransport nach außen ist ein Drehimpulsverlust des betroffenen Sterns verbunden, der besonders dann sehr hoch sein kann, wenn durch Magnetfelder die nach außen strömende Materie noch über viele Sternradien hinweg an die rotierenden Sterne gekoppelt bleibt.

Sterne mit ausgeprägten Konvektionszonen haben einen relativ hohen Anteil mechanischer Energie (Schall- und Stoßwellen) am Energietransport und infolgedessen Koronen und ausgeprägte stellare Winde. Damit sollte bei ihnen auch der Drehimpulsverlust besonders ausgeprägt sein. So ist zu erwarten, daß der Drehimpulsverlust einerseits in der Hayashi-Phase für alle Sterne sehr groß ist, und daß anderseits alle Sterne später als F5, die auf der Hauptreihe eine Wasserstoffkonvektionszone haben, über ihre gesamte Entwicklungszeit hinweg einen merkbaren Drehimpulsverlust haben. Dies ist an den aus der Beobachtung abgeleiteten Rotationsgeschwindigkeiten zu erkennen. Während frühe Sterne durchwegs rasch rotieren, in einigen Fällen bis an die Stabilitätsgrenze, ist ab Mitte der F-Sterne die Rotationsgeschwindigkeit niedrig.

Gravitationsinstabilität und thermische Instabilität

Eine befriedigende Theorie der Sternentstehung gibt es bislang nicht, dafür sind die Gleichungen, die das Verhalten der Materie im interstellaren Raum beschreiben, zu kompliziert, und sind vor allem die äußeren Einflüsse (Anfangs- und Randbedingungen) zu vielgestaltig. Möglich sind jedoch relativ einfache Abschätzungen der Bedingungen, unter denen Sternentstehung möglich ist.

Es gibt zwei Prozesse, die den Kollaps einer ausgedehnten interstellaren Wolke bewirken und damit die Sternentstehung auslösen können:

– Eigengravitation der Wolke (Gravitationsinstabilität);

– thermische Instabilität, d.h. hinreichende Erniedrigung der Temperatur im Fall einer Kompression des Mediums.

Die Gravitationsinstabilität wurde zuerst 1926 von J.H.Jeans (1877-1946) erörtert. Er betrachtete die Möglichkeit des Gleichgewichts zwischen Druck- und Gravitationskräften. Hierbei unterwarf er eine Ausgangsverteilung der Materie, die gerade im Kräftegleichgewicht sein sollte, einer kleinen Dichtestörung und fragte nach der durch diese Störung verursachten Änderung der Druck- und Gravitationskräfte. Überwiegen die Druckkräfte, so wird ein Ausgleichsvorgang, eventuell eine gedämpfte Schwingung, eingeleitet. Die Störung wird auf jeden Fall abgebaut. Ein Überwiegen der Gravitationskräfte würde dagegen zum weiteren Anwachsen der Störung führen, die Konfiguration wäre damit instabil. Man kann zeigen, dass die Druckkräfte mit 1/L gehen, wenn L die Ausdehnung des gestörten Gebiets ist, während die Gravitationskräfte proportional zu L selber sind. Es ist also eine kritische Länge zu erwarten, die den Bereich abklingender Störungen (kleine L) und den Bereich anwachsender Störungen (große L) voneinander trennt.

Rechnungen unter der Annahme einer extrem schematisierten Ausgangsverteilung zeigen, dass es eine zur kritischen Länge zugehörige kritische Masse gibt, die durch die Formel

Mc=100xMXxWurzelThoch3/n

gegeben ist. Dabei ist T die Temperatur in K und n die Teilchendichte in cmhoch-3 des interstellaren Gases.

Massen oberhalb Mc sind gravitationsinstabil.

Für die üblicherweise im interstellaren Medium angenommene Temperatur von 100 K erhalten wir folgende Zahlenwerte:

n/cmhoch-3 = 1 10hoch2 10hoch4 10hoch6

M/M473 = 10hoch5 10hoch4 10hoch3 10hoch2

Lc/pc = 100 10 1 0.1

teff/Jahre = 5x10hoch7 5x10hoch6 5x10hoch5 5x10hoch4

Es sind also nur große Wolken oder ganze Wolkenkomplexe gravitationsinstabil. Erst bei extremen Dichten wird die Masse eines einzelnen Sterns unter dem Einfluss der Eigengravitation kontrahieren. Die Stabilität gegen Gravitationskollaps wird noch dadurch erhöht, dass hydrodynamische Strömungen (Turbulenz) wie eine Erhöhung der Temperatur wirken. Auch wird durch die Rotation der Wolke aufgrund der allgemeinen galaktischen Rotation die zusätzliche Bedingung gesetzt, dass unabhängig von der Temperatur ein Gravitationskollaps nur dann möglich ist, wenn die Dichte größer ist als etwa drei Atome pro Kubikzentimeter.

Außer der gravitativen Instabilität kann auch eine thermische Instabilität auftreten, Sie ist eine lokale Bedingung, d.h. durch sie wird keine kritische Länge ins Spiel gebracht.

Die Bedingungen der gravitativen und der thermischen Stabilität lassen sich zu einem einzigen Kriterium zusammenfügen. Die sich dabei ergebenden kritischen Massen werden zwar etwas kleiner als die in der obigen Tabelle angegebenen Werte, liegen aber immer noch weit über dem Bereich der Sternmassen. Der zeitliche Ablauf eines Gravitationskollaps kann durch die Stabilitätsuntersuchung nicht ermittelt werden, doch kann man seine Dauer (in Jahren) abschätzen, wenn man Druckkräfte vernachlässigt, also einen freien Fall der Materie annimmt:

teff = 5x10hoch7/Wurzel n.

Die für verschiedene Dichten sich ergebenden Zeiten sind in die obige Tabelle mit eingetragen. Die obigen Überlegungen machen deutlich, dass Gravitationsinstabilität durchaus vorkommen kann. Sie spielt aber nur dann eine Rolle, wenn es sich um Massen von der Größenordnung eines Sternhaufens handelt. Deren Existenz findet damit eine Erklärung. Für die Entstehung der Sterne selber fehlt noch ein wichtiger Schritt. Die kollabierende Wolke muss in Einzelsterne zerfallen, sie muss, wie man sagt, fragmentieren.

Fragmentation

Die Fragmentation ist ein weitgehend unverstandener Prozess. Eine physikalische Theorie, die etwa die Masseverteilungsfunktion oder die Doppelsternstatistik deuten würde, gibt es noch nicht. Dennoch glaubt man zu verstehen, warum Fragmentation überhaupt möglich ist. Man geht davon aus, dass der Kollaps einer Wolke, die gravitationsinstabil geworden ist, sich zunächst mit nahezu konstanter Temperatur vollzieht. Das Temperaturgleichgewicht beruht darauf, dass die freigewordene Gravitationsenergie aus dem gesamten Volumen abgestrahlt werden kann, weil die Wolke im relevanten infraroten Spektralbereich optisch dünn, also durchsichtig ist. Nimmt nun bei konstanter Temperatur die Dichte zu, so werden nach dem Jeansschen Kriterium immer kleinere Massen instabil, so dass schließlich Teilbereiche der Wolke für sich kollabieren können. Es kann also eine Teilung eintreten, oder, wie man sagt, eine Fragmentation, wenn zusätzlich noch die Bedingung erfüllt ist, dass sich die Kontraktion der Teilbereiche rascher vollzieht als die des Gesamtsystems. Die Kette der Fragmentationen findet ihr Ende dadurch, dass bei höheren Dichten die Fragmente optisch dick werden und dadurch die Abstrahlung stark herabgesetzt wird. Die Temperatur steigt infolgedessen an, und die weitere Teilung ist blockiert. Abschätzungen ergeben, dass diese Grenze im Bereich der beobachteten Sternmassen liegt.

Damit ist ein Stadium erreicht, in dem einzelne Fragmente mit Massen im Bereich der Sternmassen unter dem Einfluss der Gravitation weiter kontrahieren, um schließlich als Stern in Erscheinung zu treten. Auch der Weg durch diese Protostern-Phase ist noch nicht im Detail verstanden, wenn es auch gelungen ist, in numerischen Rechnungen gewisse Züge der Entwicklung zu simulieren.

Protosterne

Protosterne sind Objekte, die sich ohne weitere Fragmentationen zum Stern hin entwickeln. Sie können, selbst wenn sie noch Masse und/oder Drehimpuls verlieren sollten, in erster Näherung als isolierte Systeme behandelt werden. Damit ist es möglich, unter Annahme einer Anfangskonfiguration und von Randbedingungen ihre Entwicklung rechnerisch zu verfolgen. Die numerischen Schwierigkeiten machen jedoch eine Beschränkung auf relativ einfache Konfigurationen erforderlich. Das eigentliche Problem liegt dabei v.a. in der richtigen Vorgabe und Rechtfertigung der Anfangs- und Randbestimmungen. Die ursprüngliche Vorstellung, nach der Protosterne Gaskugeln seien, in denen die bei der Kontraktion freiwerdende Gravitationsenergie durch Strahlungstransport an die Oberfläche transportiert und dann abgestrahlt wird, musste aufgegeben werden.

1961 konnte C.Hayashi zeigen, dass in der Kontraktionsphase die Energie durch Konvektion transportiert wird, und daß der Protostern sich dabei im Hertzsprung-Russel-Diagramm senkrecht von oben nach unten bewegt. Die Leuchtkraft nimmt entsprechend der Verkleinerung der Oberfläche ab, die effektive Temperatur und damit der Spektraltyp bleiben annähernd konstant. Rechts von der „Hayashi-Linie“, die einer Effektivtemperatur von 3000 … 4000 K entspricht, wäre der Stern instabil, d.h. er würde mit einer sehr kurzen dynamischen Zeitskala kollabieren und wegen der dabei stattfindenden Temperaturzunahme die Hayashi-Linie wieder nach links überschreiten. Erst in der letzten Phase der Kontraktion wird der Strahlungstransport wichtiger als die Konvektion. Die Entwicklungsbahn knickt dann von der Hayashi-Linie nach links, d.h. zu höheren Temperaturen hin ab, bis sie schließlich nahezu horizontal in die Hauptsequenz einmündet.

Dieses Bild der Protostern-Entwicklung ist durch die oben erwähnten numerischen Rechnungen nochmals verändert worden. In ihnen zeigt sich nämlich, dass die Entwicklung nicht durch eine Folge von Gleichgewichtszuständen führt, sondern dass sich sehr rasch (Zeitdauer etwa die des freien Falls) in der ursprünglich als homogen angenommenen Wolke von molekularem Wasserstoff eine zentrale Verdichtung ausbildet. Sie wird durch eine Stoßfront (eine Fläche, an der sich Druck und Geschwindigkeit diskontinuierlich ändern) gegenüber dem einfallenden umgebenden Medium abgegrenzt. In dieser zentralen Verdichtung, die nur einen sehr geringen Bruchteil der Gesamtwolke ausmacht, ist die Temperatur zunächst noch sehr gering. Wird jedoch im Lauf der Entwicklung eine Temperatur von etwa 2000 K überschritten, so dissoziiert der Wasserstoff (H2→2H). Die hierzu benötigte Dissoziationsenergie von 4.478 eV pro H2-Molekül wird dem Gravitationsfeld entzogen, mit der Konsequenz, dass jetzt die zentrale Verdichtung noch einmal kollabiert.

Immer noch ist der weitaus größte Teil der Materie in den dünnen äußeren Bezirken der Wolke. Sie fällt auf den zentralen Kern, ein Vorgang, der über einige Millionen Jahre andauert. Beim Aufprall wird kinetische Energie in Wärme umgesetzt; sie liefert den Hauptbeitrag zur Leuchtkraft des Protosterns. Der Kern selber beschreibt dabei im Lauf seiner Entwicklung eine komplizierte Bahn im Hertzsprung-Russel-Diagramm. Er ist allerdings nicht direkt beobachtbar, da das ganze Geschehen durch den dichten Staub der einfallenden Hülle verdeckt ist. Die Staubhüllen werden dabei erhitzt und ihrerseits als IR-Quellen geringer Ausdehnung, wie z.B. das sogenannte Becklin-Neugebauer-Objekt im Orionnebel, beobachtbar.

Die Erhaltung des Drehimpulses ist bei der Berechnung der Protostern-Entwicklung von erheblicher Bedeutung. Häufig wird angenommen, dass die Wolke und infolgedessen auch der Protostern überhaupt nicht rotierte. Dann wäre die Strömung radialsymmetrisch, also besonders einfach. Anderseits ist klar, dass verschwindender Drehimpuls nur ein singulärer Fall sein kann. Rotierende Sterne oder auch solche Konfigurationen wie unser Planetensystem setzen einen endlichen Drehimpuls voraus.

Die Schwierigkeit liegt darin, daß eine ursprünglich langsam rotierende Wolke bei der Kontraktion ihr Trägheitsmoment verkleinert. Da der Drehimpuls aber konstant bleibt, muss die Rotationsgeschwindigkeit zunehmen. Das Verhältnis von Zentrifugalkraft (am Äquator) zu Schwerkraft wächst an, bis schließlich wegen der Gleichheit beider Kräfte keine weitere Kontraktion in Richtung auf die Drehachse mehr möglich ist. Da die Zentrifugalkraft aber nicht parallel zur Drehachse wirkt, kann die Wolke in dieser Richtung ungehindert kollabieren. Das Resultat ist ein stark abgeplattetes System, eine Scheibe, analog zur Form unseres galaktischen Systems. Unter gewissen Voraussetzungen scheint dabei die Bildung ringförmiger Verdichtungen möglich.

Über die weitere Entwicklung einer derartigen instabilen Konfiguration weiß man sehr wenig. Bildet sich aus dem Ring ein einzelner relativ massereicher Körper, so ist ein Doppelstern entstanden. Anscheinend gibt es aber auch die Möglichkeit, daß aus einer derartigen Scheibe ein System hervorgeht, das uns wenigstens in einem Exemplar gut bekannt ist, nämlich ein Planetensystem.

Die Entstehung des Planetensystems

Für lange Zeit war die Kosmogonie, der Ursprung der Planeten und der unserer Erde eine ungelöste Frage. Erst mit dem Beginn der Neuzeit wurde sie als wissenschaftliches Problem aufgegriffen. R.Descartes (1596-1650) entwickelte seine Welttheorie, I.Kant (1724-1804) und P.S.Laplace (1749-1827) suchten 1755 bzw. 1796 Antworten auf der Basis der von Newton begründeten Mechanik. Heute ist offenkundig, daß die Entstehung des Planetensystems nicht nur ein Problem der Mechanik ist. Versucht man, die wichtigsten empirischen Daten zusammenzufassen, so stößt man zum einen auf einen Komplex, dessen kosmogonische Deutung in erster Linie physiko-chemische Methoden und Argumente erfordert, während die Analyse eines andern Komplexes weitgehend in die Zuständigkeit der klassischen Mechanik fällt. Zum ersten Komplex gehört die Tatsache, daß es zwei Gruppen von Planeten gibt:

1. Erdähnliche Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars), mit typischen Massen von 2x10hoch-6 MX und typischen mittleren Dichten von 4 bis 5.5g cmhoch-3. Sie bestehen v.a. aus schweren Elementen und deren Verbindungen, z.B. Fe, MgO, SiO2.

2. Jupiterähnliche Planeten (Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun) mit typischen Massen von 5x10hoch-5 MX bis 10hoch-3 MX und typischen Dichten zwischen 1 und 2 g cmhoch-3. Sie bestehen v.a. aus leichten Elementen (und deren Verbindungen), wie H, H2, He, H2O,CH4, NH3. (Zunehmender Anteil der letzteren Verbindungen bei Uranus und Neptun.)

Zum zweiten Komplex gehören etwa folgende Fakten: Die Bahnen der Planeten sind nahezu koplanar und kreisförmig. Bahnumlauf, Rotation der Planeten und Umlauf der Satelliten sind im wesentlichen gleichsinnig. Die Gesamtausdehnung des Systems beträgt etwa 10hoch13 m. Die Sonnenmasse verhält sich zur Summe aller Planetenmassen wie 1 zu 0.0013; dagegen ist das Verhältnis des Rotationsdrehimpulses der Sonne zum Bahndrehimpuls aller Planeten wie 1 zu 50. Die Masse eines typischen großen Planeten verhält sich zur Masse seiner Satelliten wie 1 zu 0.0001; dagegen ist das Verhältnis seines Rotationsdrehimpulses zum Bahndrehimpuls seiner Satelliten etwa 1 zu 0.01. Nachdem Versuche, die Entstehung des Planetensystems unabhängig von der Bildung der Sonne zu erklären, erfolglos blieben, neigt man heute dazu, die Bildung der Sonne und die des Planetensystems in engem Zusammenhang zu sehen. Diesen Vorstellungen, die im einzelnen unterschiedlich sein mögen, liegt etwa folgendes Schema zugrunde.

In der Protostern-Phase ist die Sonne von einer flachen Materiescheibe, vorwiegend aus Gas, umgeben, die mit der Sonne rotiert. Es gibt in dieser Scheibe Magnetfelder, die einen Drehimpulstransport vom Bereich der zentralen Verdichtung auf die äußern Teile der Scheibe bewirken. Radiale Komponenten der Bewegung werden durch Impulsaustausch gedämpft. Denkt man sich die Materie in dieser Scheibe und in diesem Bewegungszustand in einzelnen Planeten kondensiert, so ergeben sich in natürlicher Weise bereits wesentliche Züge unseres Systems: Bahnen, die nahezu kreisförmig und koplanar sind und die alle im gleichen Sinn durchlaufen werden. Auch der Rotationssinn der Planeten und der Umlaufsinn der Satelliten können erklärt werden. In ihren Annahmen über die Gesamtmasse in der Scheibe unterscheiden sich die verschiedenen Ansätze. Auf jeden Fall muß ein erheblicher Masseverlust, zumindest aus dem innern Teil der Scheibe, stattgefunden haben. Nur so wird verständlich, daß auf der Erde (und den erdähnlichen Planeten) das Verhältnis der schweren Elemente untereinander mit dem Häufigkeitsverhältnis der Population I-Sterne zusammenfällt, daß aber im Vergleich zu den Sternen die leichten, und damit auch die leicht flüchtigen Elemente, vor allem Wasserstoff und Helium, stark angereichert sind. Für die großen Planeten, die weiter von der Sonne entfernt sind, ist dieser Verlust leichter Elemente unbedeutend (Jupiter, Saturn) oder zumindest gering (Uranus, Neptun).

Es ist naheliegend, diese Unterschiede als einen Temperatureffekt zu deuten. Man hat daher das chemische Gleichgewicht bzw. das Kondensationsgleichgewicht, das sich in einer Elementmischung entsprechend den Population I-Häufigkeiten einstellt, unter den Bedingungen untersucht, die in der Scheibe angenommen werden können, und folgende Daten erhalten:

Temperatur/K charakteristische Reaktion

1600 Bildung von Oxiden wie CaO, Al2O3

1300 Kondensation von Fe, Ni

1200 … 490 Bildung von FeO, Fe2SiO4 + Mg2SiO4 (Olivin)

600 … 400 Bildung von hydrierten Mineralien

200 … 100 Kondensation von H2O

20 Kondensation von H2

1 Kondensation von He

Aufgrund unserer – allerdings noch sehr unsicheren – Kenntnis vom innern Aufbau der erdähnlichen Planeten, können diesen folgende für die Entstehung charakteristische Temperaturen zugeordnet werden: Uranusmonde

Merkur Venus Erde Mars (Io und Titan)

1000 … 1500 K 800 … 1000 K 600 K 500 K 250 … 50 K

Auch wenn man diese Temperaturen als noch unsicher ansieht, kann man aus ihrer Größenordnung schließen, dass die Planeten nicht durch direkte Kondensation aus der Gasphase entstanden sein können. Die Temperaturen waren hierfür zu hoch, die Ausgangsdichten zu gering. Statt dessen muss man annehmen, dass die Kondensation auf folgendem Wege erfolgte:

atomares Gas → Bildung von Molekülen → Nukleation, d.h. Bildung von größeren Atom-Aggregaten, Vorstufen des Staubs → Staubteilchen → größere Partikel → Planetesimale, d.h. Vorstufen der Planeten → Planeten.

Damit wird die Kondensation nicht ausschließlich auf die Gravitation zurückgeführt, sondern zunächst auf die zwischenatomaren Kräfte, die bei Stößen von Atomen, Molekülen und Staubteilchen das Aneinanderhaften bewirken. Da die Reichweite dieser Kräfte gering ist, sind die Wirkungsquerschnitte, die zusammen mit der Teilchendichte für die Wachstumsrate verantwortlich sind, praktisch gleich den geometrischen Querschnitten. Erst gegen Ende der genannten Sequenz wird der Einfluß der Gravitationskräfte merkbar, sie vergrößern die Wirkungsquerschnitte, bis die Schwerkraft schließlich das Geschehen beherrscht. Ob und inwieweit die leichten Elemente an diesem Prozeß beteiligt sind, hängt von vielen Faktoren ab. Die Temperatur spielt dabei auf jeden Fall eine wichtige Rolle.

Möglicherweise können sowohl die Meteoroide, die Kometen und vielleicht auch die Planetoide als Relikte dieses Kondensationsprozesses angesehen werden. Es müßte dann angenommen werden, daß, etwa wegen einer raschen Abnahme der Teilchendichte, die Entwicklung nicht das Ende der obigen Sequenz erreichen konnte. Man muß allerdings bemerken, daß es auch den gegenläufigen Prozeß, den der Zertrümmerung bei Zusammenstößen, gibt. Gegenwärtig scheint in unserem Planetensystem dieser zweite Prozeß der wichtigere zu sein.

Bildung von Satellitensystemen

Auch die Bildung von Satellitensystemen findet ihren Platz in dem hier skizzierten Rahmen. Es hat dabei allerdings kein effektiver Drehimpulstransport mehr stattgefunden, vermutlich weil in dieser späten Phase die Entwicklung zu rasch abgelaufen ist bzw. weil eine effektive Kopplung mit dem Zentralkörper (hier also mit dem Planeten) gasförmige Materie voraussetzt. Die Ringsysteme (z.B bei Saturn und Uranus) müssen wiederum als Relikte der Satellitenbildung angesehen werden. Hier hat möglicherweise die Gezeitenwirkung des Zentralkörpers die entgültige Kondensation verhindert.

Gemessen am Alter des Planetensystems von 4.5x10hoch9 Jahren sind alle geschilderten Prozesse rasch abgelaufen. Das setzt zu jener Zeit eine hohe Dichte der Materie in der Scheibe voraus. Seither ist das Planetensystem im wesentlichen unverändert geblieben.

Für die Erde hat es jedoch noch zwei weitere wichtige Veränderungen gegeben:

Durch Gezeitenreibung wurde ein wesentlicher Teil des Drehimpulses der Erdrotation auf den Bahndrehimpuls des Monds übertragen. Der Mond hat sich dadurch von der Erde entfernt, und die Dauer eines Tags ist von einem Anfangswert, der möglicherweise sogar unter 10 Stunden gelegen hat, auf die heutigen 24 Stunden angewachsen. Zum andern ist die ursprünglich reduzierende Erdatmosphäre durch die Entstehung des Lebens und die mit diesem verbundene Photosynthese in eine oxidierende Atmosphäre übergegangen.

Das System Beta Pictoris

Die Entstehung eines Planetensystems können wir sehr wahrscheinlich beim Stern  Pictoris beobachten. 1983 wurde vom Infrarotsatelliten IRAS gefunden, daß dieser Stern von einer Scheibe mit der Ausdehnung von einige hundert Astronomische Einheiten umgeben ist. Inzwischen gelang es auch, diese Scheibe im optischen Spektralbereich aufzunehmen. Man glaubt, daß es sich hier um eine proto-planetarische Scheibe handelt, in der die Endphase der Entstehung eines Planetensystems zu beobachten ist.

Der Großteil der Materie in der Scheibe um Beta Pic, einen jungen A 5-Stern im Alter von einige hundert Millionen Jahre, der gerade die Hauptreihe erreicht hat, befindet sich innerhalb von 30 AE in Körpern mit Massen, die im Bereich zwischen der Mond- und der Erdmasse liegen, aber es gibt auch starke Anzeichen dafür, daß die Scheibe viele kometenähnliche Körper enthält. Seither hat man auch bei andern Sternen solche proto-planetaren Scheiben oder Planeten nachgewiesen.