Tubusseeing

Jeder Hobbyastronom kennt den lästigen Einfluss des Seeings, der einem in vielfältiger Form beim Beobachten begegnet. Einerseits als atmosphärischen Effekt, den man kaum beeinflussen kann, weil er von der Wettersituation abhängig ist, und als Tubusseeing welcher vom Teleskoptyp und Aufstellungsort beeinflusst wird. Ursache dieser Störung ist die Temperaturdifferenz zwischen Fernrohr und Umgebungsluft. Meist genügt es das Instrument nach dem Aufstellen eine Zeitlang auskühlen zu lassen, damit es sich der Umgebungstemperatur anpassen kann. Doch hier steckt der Teufel im Detail, denn ein exakter Ausgleich der Temperatur ist aus physikalischen Gründen praktisch nicht realisierbar und wird bei manchen Fernrohrtypen konstruktionsbedingt noch zusätzlich erschwert. Dies liegt daran, dass ein Angleichen der Temperatur nur in einem thermodynamisch abgeschlossenen System mit gleichmäßiger Temperatur und Strahlungsfeld möglich ist.

Dies gilt z.B. für ein Instrument, das in einem Raum aufbewahrt wird, es wird nach einiger Zeit die Raumtemperatur annehmen. Im freien Feld unter dem Nachthimmel gelten da andere Bedingungen, weil in dieser Umgebung der Energieaustausch großteils durch Strahlung erfolgt. Der Erdboden gibt in der Regel wesentlich mehr Wärmestrahlung ab als der Nachthimmel. Dies bewirkt, dass das Strahlungsfeld des Bodens den Tubus von unten regelrecht aufheizt, die Oberseite, die dem Himmel zugewandt ist, kühlt sich im Vergleich dazu relativ stark ab.

Im Fernrohrinneren jedoch wird die Wärme hauptsächlich durch Luftströmung transportiert. Ob sich diese Temperaturdifferenz auf die Qualität der Abbildung auswirkt, hängt nun vom Fernrohrtyp ab. Offene Konstruktionen wie Newton und Cassegrainteleskope, die an der vorderen Öffnung weder eine Korrekturplatte noch ein Objektiv besitzen, sind in dieser Hinsicht relativ problemlos. Die freie Öffnung bewirkt einen raschen Abtransport der Wärme aus dem Teleskopinneren.

Ganz im Gegensatz dazu Instrumente wie Refraktoren, Schmidt-Cassegrain und Maksutov Teleskope. Die geschlossene Bauart bewirkt, dass der Wärmeaustausch nur über die Außenhaut der Rohrwand stattfindet. Das unterschiedliche Temperaturniveau im Tubusinneren setzt nun konvektive Luftströmungen in Bewegung, die den optischen Strahlengang durchsetzen und in gravierender Weise stören.

Das ungleichmäßige Abkühlen des Instruments erkennt man z.B. daran, dass sich die dem Nachthimmel zugewandte Seite des Rohres als erstes mit Tau beschlägt, während die Seite die zum Boden zeigt meist trocken bleibt. Die im Verhältnis zum Durchmesser sehr dünne Frontscheibe eines Schmidt-Cassegrain beschlägt sich aus diesem Grund ebenfalls sehr schnell, sofern sie nicht mit einer entsprechend dimensionierten Taukappe ausgestattet ist. Eine Taukappe verhindert, dass sich die Optik stärker abkühlt als die Umgebungsluft. Einen wesentlichen Einfluss kann auch die Farbe der Außenlackierung auf das Seeingverhalten ausüben. Gerade die – zur Zeit – in Mode gekommenen Farben wie Dunkelblau oder Schwarz reagieren sehr empfindlich auf ungleichmäßige Einstrahlung. Die Farbe weiß ist in dieser Hinsicht immer noch die beste Lösung.