Der Orion
Das markante Sternbild des Orion ist mit Rigel, Beteigeuze und seinen drei Gürtelsternen von Dezember bis April am nächtlichen Himmel leicht zu finden. Die Sterne des Orion sind so auffallend angeordnet, dass der Himmelsjäger einfach auszumachen ist.
Der Hauptstern Beteigeuze (Alpha Orionis) ist ein roter Riese mit dem Spektraltyp M 2 und einer Oberflächentemperatur von 3.200 K. Er ist 310 LJ entfernt und ungefähr 500 bis 800 mal größer als unsere Sonne. Als Veränderlicher variiert seine Helligkeit innerhalb von 7 Jahren von 0,3. bis 1,2. Größe. Der Stern Rigel (Beta Orionis) ist ein blauweißer Überriese mit der Spektralklasse B 8. Seine Oberflächentemperatur beträgt 12.300 K. Rigel hat einen Begleiter in 9,4“ Distanz, welcher wiederum spektroskopisch doppelt zu erkennen ist. In 1400 LJ Entfernung strahlt er über 57.000mal heller als unsere Sonne.
Der berühmte 1600 LJ entfernte Orionnebel M 42 – eine Sternenkinderstube ist eine der schönsten Objekte am nächtlichen Himmel. In klaren Nächten ist der Nebel leicht mit bloßem Auge zu erkennen. Bereits in kleinen Fernrohren zeigt sich eine wunderschöne Nebelstruktur. In größeren Teleskopen sind im Zentralbereich des Nebels die vier Trapezsterne leicht aufzulösen. Nördlich von M 42 – 1500 LJ von uns entfernt – befindet sich ebenfalls ein kleiner Nebelfleck mit dem Namen M 43. Der Pferdekopfnebel (IC 434) wird auch als Barnard 33 bezeichnet. Es ist ein dunkler Nebel, der sich zusammen mit dem Gürtelstern Zeta Orionis von einem dahinter liegenden diffusen Nebel abhebt. Doch man benötigt auch bei dunklem Himmel ein mindestens 400 mm Teleskop, um IC 434 beobachten zu können. NGC 2169 ist ein kleiner offener Sternhaufen von etwa 30 Sternen. G. Gegenbauer
Mythologie des Orion
Die griechische Mythologie erzählt von einem tapferen Jäger, der damit prahlte, dass er alle lebenden Tiere töten könne. Über diesen Hochmut erbost, ließ die Jagdgöttin Gaia von der Unterwelt einen Skorpion emporsteigen, um Orion zu stechen und ihn damit zu töten. Seitdem spielen Orion und Skorpion ein tödliches Spiel. Wenn Skorpion im Osten aufgeht, dann stirbt Orion im Westen. Geht der Jäger am Morgen wieder auf, ist er von den Toten auferstanden und der Skorpion wird im Westen zertreten.
Nach einer anderen Version wurde der heißblütige Orion bei einem Jagdausflug mit Artemis zudringlich. Die Götter waren so zornig, dass ein Sterblicher die Jungfräulichkeit einer Göttin rauben will, dass Hades einen Skorpion aus der Unterwelt schickte, der den Jüngling in den rechten Fuß stach. Als Orion tot zu Boden sank, nahte sogleich Asklepios, Gott der Heilkunst, um ihn wieder zum Leben zu erwecken. Darüber beklagte sich Hades bei seinem Bruder Zeus. Dieser schleuderte einen Blitz gegen Asklepios, der ihn tödlich traf. Zur ewigen Erinnerung versetzte Zeus alle Beteiligten unter die Sterne. Aklepios wurde zum Sternbild Schlangenträger, das aufgeht, wenn Orion den Himmel verlässt. So kann er Orion nie mehr erreichen. Das gleiche gilt auch für den Skorpion.
In der folgenden Erzählung wird Orion der Erdgeborene genannt. Denn als die Götter Jupiter, Poseidon und Merkur durch das Land wanderten, lud sie ein alter armer Mann, namens Hyrieus ein, bei ihm zu rasten. Der alte Mann wusste zunächst nicht, wen er vor sich hatte. Aber als er entdeckte, wer seine Gäste waren, tischte er ihnen den besten Wein auf und schlachtete seinen einzigen Stier, der sonst den Pflug zog. Vor Rührung und Dankbarkeit versprach ihm Jupiter jeden Wunsch zu erfüllen. Hyrieus wünschte sich, obwohl er Witwer war, einen Sohn. So erschufen die Götter aus der Haut des Stieres, Erde und ihren Samen ein Kind und nannten es Orion. Aus ihm wurde ein mächtiger, starker und schöner Mann, der durch seine göttliche Abstammung viele außergewöhnliche Eigenschaften besaß. So konnte er zum Beispiel über die Wasseroberfläche schreiten, ohne unterzugehen. Auch die Keule, die er immer bei sich trug, war unzerbrechlich. Eine seiner Lieblings-beschäftigungen war es, den schönen Mädchen nachzustellen. Auch die Plejaden, die sieben Töchter des Atlas, hatten seine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Die schönen Plejaden aber fürchteten sich vor seiner Größe und so versetzte Zeus sie in den Himmel, wo sie heute als Sternhaufen im Sternbild Stier ewig vor Orion herlaufen, ohne dass sie der Himmelsjäger jemals einholen kann.
Schon im alten Ägypten spielte Orion eine große Rolle. Fünf Pyramiden der vierten Dynastie am Gizeh-Platau sind auf die Sterne des Orions ausgerichtet, wobei der Nil die Milchstraße darstellt. Der südliche Schacht der großen Pyramide zeigt auf den Oriongürtel, wie er um 2700- 2600 v. Chr. am Himmel stand. Dort stand das vielbeachtete Sternbild den Göttern Horus und Osiris nahe. Nach ägyptischen Mythen ist Osiris von seinem Bruder Seth, einem zwielichtigen, altägyptischen Gott, ermordet, zerstückelt und verstreut worden. Isis die Schwester von Osiris hat den toten Bruder gesucht, aufgesammelt, wieder zusammengesetzt und wiederbelebt. Sie hat später dann von diesem Bruder ihren Sohn Horus empfangen, der später das Erbe des Osiris antrat. Osiris war im Reich der Toten Richter und Herrscher und ließ als Vegetationsgott Pflanzen aus der Erde sprießen und gedeihen. Die Indianer in Zentralbrasilien sahen im Orion ein großes Gestell auf dem Maniok getrocknet wird. Maniok ist ein Wurzelknollengewächs, aus dem Stärkemehl gewonnen wird, welches das wichtigste Nahrungsmittel war. In dieses Bild war auch Sirius miteinbezogen. In der teutonischen Tradition stellen die 3 Gürtelsterne die drei Schnitter oder Mahder dar, die die Ernte einbringen. Zur Erntezeit im August sind sie im Osten zu sehen. Manchmal werden die Gürtelsterne auch als Rechen oder Harke beschrieben.
In Skandinavien sah man im Oriongürtel die Kunkel der Frigg. Frigg ist die Gemahlin des Odin. Die beiden sind Stammeseltern der nordischen Götterwelt. Frigg galt als Fruchtbarkeitskönigin und Erdmutter. Sie ist Geburtshelferin und hat besondere Fähigkeiten im Weben. Sie spinnt den Faden der Zeit auf einer goldenen Spindel, die von der Erdachse markiert wird, während der Oriongürtel den Spinnrock darstellt. Frigg gilt als Herrin der Zeit, die in die Zukunft schauen kann, aber niemals etwas darüber erzählt.
Nicht nur in der nordischen Sagenwelt erkennt man in den Gürtelsternen die Spinnerei des Schicksals. Die alten Griechen sahen in ihnen die drei Moiren, die das Garn des Schicksals in ihren Händen halten. Sie sind die Schicksalsgöttinnen, die bei den Römern Parzen genannt wurden. Klotho spinnt den Lebensfaden, Lachesis teilt das Schicksal zu und Atropos, die Unvermeidliche, schneidet schließlich den Lebensfaden ab und bestimmt somit den Zeitpunkt des Todes. Sie sind die Töchter des Zeus und der Themis. Ihre Werkzeuge sind Spindel, Schriftrolle und Waage. Die Christen sahen hier den heiligen Joseph. Monika Geier