Die Nördliche Krone

corona_borealisBlickt man zu Sommeranfang spätabends, wenn es endlich dunkel geworden ist, Richtung Süden an den Himmel, so kann man hoch oben zwischen den Sternbildern Herkules und Bootes einen kleinen Halbkreis aus leuchtschwachen, aber dennoch auffälligen Sternen erkennen. Die Nördliche Krone, sie läßt an eine Perlenkette erinnern. Sein Hauptstern heißt Gemma lat „Edelstein“ ist 78 LJ von uns entfernt. Er ist ein spektroskopischer Doppelstern und gleichzeitig ein Bedeckungsveränderlicher. Die Umlaufzeit seines Begleiters beträgt 17 Tage.

Ein bemerkenswerter Stern befindet sich ebenso in diesem Sternbild. R Coronae Borealis ist eine Nova im „Rückwärtsgang“. Normalerweise scheint er mit einer Größe von 5,9m, fällt aber in völlig unberechenbaren Intervallen bis zu 8 Größenklassen ab. Dieses außergewöhnliche Verhalten wird schon seit 150 Jahren beobachtet. Jahrelang behält er seine normale Helligkeit bei und ist gerade noch mit freiem Auge zu sehen. Doch plötzlich wird er – bis um das 1500fache- deutlich leuchtschwächer. Dieses Minimum hält einige Monate, manchmal bis zu zwei Jahre an. Auch in dieser Zeit schwankt die Helligkeit völlig unregelmäßig. Vermutlich werden „Rußwolken“ abgestoßen, die das Licht verdunkeln. R Coreonae Borealis ist ein alter Stern, der den Großteil seines Wasserstoffs verbraucht hat und nun Helium zu Kohlenstoff verbrennt. 7000 LJ entfernt, leuchtet er als gelber Überriese. G. Gegenbauer

Mythologie

corona_borealis_kunstDer klassischen Mythologie nach gehört sie zum Sagenkreis um Theseus, dem legendären König der Landschaft Attika und der Stadt Athen. Theseus ist Sohn des Meeresgottes Poseidon und der Königstochter Aithra. Theseus kommt als junger Held nach Athen und will die Einwohner von einem grausigen Tribut befreien: Alle neun Jahre müssen auf Forderung König Minos von Kreta sieben Jünglinge und sieben Mädchen dem schrecklichen Ungeheuer Minotaurus geopfert werden. Der Minotaurus, halb Mensch, halb Stier, bewohnt die tausend Irrgänge des Kretischen Labyrinths. Theseus schifft sich mit den unglücklichen Opfern nach Kreta ein. Auf dem Weg nach Kreta gerät Theseus mit König Minos auf dem Schiff in Streit. Minos streift seinen goldenen Ring vom Finger und wirft ihn in die Fluten. Wenn Theseus tatsächlich der Sohn des Meeresgottes sei, so solle er den Ring doch wieder bringen, meint Minos.

Theseus springt ins Meer und versinkt in den Fluten. Er wird von den Nereiden, den Töchtern des Meeresgottes, freundlich empfangen, die ihm den goldenen Ring des Minos überreichen. Zusätzlich erhält Theseus von der Meeresgöttin Amphitrite einen goldenen Kranz, besetzt mit funkelnden Edelsteinen, eben die Krone, geschenkt. Hersteller der Krone ist Vulkan, der Gott der Schmiede, der sie im Auftrag Amphitrites aus Gold schmiedet und mit Edelsteinen besetzt. Theseus kehrt auf das Schiff des Minos zurück. In Kreta angekommen erblickt Ariadne, die Tochter von Minos, den schönen und starken Theseus. Auf der Stelle verliebt sie sich in ihn. Um zu vermeiden, daß er sich im Labyrinth verirrt, gibt sie ihm einen Knäuel Faden, den Theseus mit dem einen Ende am Eingang festbindet und beim Gang ins finstere Labyrinth abwickelt. Nach einiger Zeit hören Theseus und die armen Mädchen und Jünglinge ein schreckliches Gebrüll; der Minotaurus stürzt heran und will ihnen den Garaus machen. Theseus trägt jedoch die Krone der Amphitrite auf dem Haupt, deren funkelnde Edelsteine das Untier so blenden, daß Theseus Zeit findet, sein Schwert tief in das Herz des Untiers zu stoßen. Ein letzter Schrei schallt schaurig durch die Gänge des Labyrinths, und der Minotaurus bricht tot zusammen. Mit Hilfe des Fadens der Ariadne hangelt sich Theseus mit seinen Schutzbefohlenen zum Ausgang, wo ihn Ariadne freudestrahlend umarmt. Theseus schenkt ihr daraufhin seine goldene Krone als Dank für ihre Hilfe.

Noch in der gleichen Nacht fliehen Ariadne und Theseus von der Insel Kreta. Denn dem Gott des Weines, Dionysos, war Ariadne als Braut versprochen worden. Als die beiden Flüchtlinge auf Naxos übernachten, erscheint die Göttin Athene dem Theseus und klärt ihn über das Verlöbnis der Ariadne auf. Theseus verläßt sofort allein Naxos.

Als Ariadne erwacht und merkt, daß sie alleingelassen wurde, bricht sie in Tränen aus. Dionysos erscheint, um sie zu trösten. Er nimmt ihr die Krone vom Haupt und schleudert sie gen Himmel, wo sie noch heute unter den Sternen zu sehen ist. Dieses sehr alte Sternbild und wird schon im 5. vorchristlichen Jahrhundert vom kretischen Seher Epimenides als nördlicher Kranz erwähnt. Gelegentlich wurde auch von Corona Septemtrionalis gesprochen – vor allem bei den Römern.

Viele Völker sahen in dieser Sternenfigur einen Kranz oder eine Schüssel bzw. Schale. Bei den Perser und Araber war dieses Bild der Derwischteller, die bettelnde Schale, der zerbrochene Teller oder die Krone AI lkil al Shamaliygah, was Schild bedeutet. Eine ganz andere Darstellung enthält der nordische Sagenkreis: Aurwandil, der Kühne, siegt einst im hohen Norden gegen einen mächtigen Riesen. Erschöpft läßt sich der Held von Thor in einem eisernen Korb südwärts tragen. Ein Zeh, der aus dem Korb herauslugt, friert ab. Thor bricht den Zeh ab und wirft ihn in den Himmel, wo er noch heute als Sternbild zu sehen ist. Monika Geier