Der Stier
Der helle rötlich funkelnde Hauptstern des Sternbildes Stier heißt Aldebaran (arabisch) „der den Plejaden Nachfolgende“. Dieser 68 Lichtjahre von uns entfernte rote Riesenstern, übertrifft den Durchmesser unserer Sonne um das 35fache. Die Leuchtkraft Aldebarans ist um das 100fache höher als die unserer Sonne. Im Sternbild Stier sind die offenen Sternhaufen Hyaden und Plejaden und der bekannte Crabnebel ( auch M 1 genannt) zu finden.
Die Plejaden (M 45) sind auch unter der Bezeichnung „Siebengestirn“ bekannt. Sie gelten zu Recht als der berühmteste Offene Haufen am Himmel. Die Sterne sind von kosmischen Staubteilchen umgeben, die einen bläulichen Reflexionsnebel bilden. Bei guter Sicht sollten Sie zumindest sechs der sieben Hauptsterne mit bloßem Auge sehen können. Die Gesamtzahl wird auf rund 3000 geschätzt. Sie befinden sich etwa 410 LJ von uns entfernt. Am besten sind die Plejaden in einem Feldstecher zu sehen. Die Hyaden sind ebenso ein Offener Sternhaufen. Sie sind 150 LJ von uns entfernt und ebenso mit freiem Auge zu sehen.
M1 ist der Überrest einer sogenannten Supernova aus dem Jahr 1054. Supernova nennt man die Explosion sehr großer Sterne am Ende ihrer Lebenszeit. Nur in einer klaren Nacht ist der Crabnebel mit einem mittleren Fernrohr zu erkennen. Zur Fotografie ist er jedoch sehr gut geeignet. Farbaufnahmen zeigen, dass seine Filamente rot, das Zentrum gelb und die Randzonen graublau sind. G.Gegenbauer
Mythologie des Taurus
Auch in der letzten Geschichte dieses Zyklus war es wieder Zeus, der sich in eine schöne Jungfrau verliebte und damit die ganze Götterwelt ins Chaos stürzte. Dieses Mal war es die schöne Europa, die Tochter des phönizischen Königs Agenor. Sie liebte es mit ihren Freundinnen am Strand spazieren zu gehen, Blumen zu pflücken und zu spielen. Zeus beauftragte seinen Sohn Hermes die jungen Stiere des Königs zur Küste zu treiben, dann nahm er selbst die Gestalt eines schneeweißen, kräftigen Stieres an und mischte sich unter die Herde. Sein Fell war weich und kurz, seine Hörner durchsichtig, wie aus Edelsteinen gefertigt. Der Stier trottete sanft, wie ein Lamm und ließ sich von den Mädchen bewundern. Diese waren zuerst ein wenig ängstlich und scheuten sich ihn zu berühren, aber dann streichelte Europa den stolzen Stier und fütterten ihn mit Blumen. Dieser leckte ihr dankbar die zarte Hand. Das Mädchen hängte ihm Blumengeflechte an die Hörner und kraulte ihm das Fell. Nach einiger Zeit fasste sie Vertrauen zu dem Tier und kletterte auf seinen Rücken. Diese Gelegenheit ließ sich Zeus nicht entgehen, zuerst trabte er nur am Strand auf und ab, aber dann ging er immer weiter ins Wasser und schwamm schließlich aufs offene Meer hinaus. Ängstlich blickte sich Europa um und sah, wie sich der Strand immer mehr entfernte. Sie klammerte sich an seine Hörner, während der gewaltige Stierleib das Meer durchpflügte. Zwei Tage ging die Reise bis sie schließlich die Küste Kretas erreichten. In diesem Moment verwandelte sich der Stier in Zeus zurück und gab sich ihr zu erkennen. Europa gebar ihm drei Söhne, von denen Minos König von Kreta wurde. Zur Erinnerung an diese Begebenheit wurde der Stier unter die Sterne versetzt, schwimmend nur sein Vorderkörper ragt aus den Fluten.
Nach einer anderen Version hatte sich Zeus nicht selbst verwandelt, sondern Europa einen echten Stier geschickt, um sie zu entführen. Als dieser dann herrenlos in Kreta umherirrte, fiel dieses besonders schöne und starke Tier der Königin Pasiphae auf. Sie war so entzückt, dass sie einen bekannten Kunsthandwerker beauftragte, eine hölzerne, lebensnah nachgeahmte Kuh zu bauen. Diese sollte innen hohl und mit einer echten Kuhhaut überzogen sein. Dann schlüpfte Pasiphae in diese Kuh, um ihr Verlangen zu stillen. So geschah es auch. Aus dieser Verbindung entspross der Minotaurus, ein Wesen halb Mensch halb Stier. Die Inselbewohner beschlossen diesen Schandfleck zu verbergen und versteckten den Minotaurus in einem finsteren Gemäuer. Der Stier jedoch, der dieses Wesen zeugte, wurde von Poseidon zur Strafe mit Raserei geschlagen. Dies war dann der Stier, den Herakles in seiner siebten Aufgabe einfangen und nach Argon bringen sollte.
Fast alle Völker erkannte hier einen Stier. Im alten Ägypten wurde Apis geehrt, der Stier der Memphis, der als Inkarnation von Osiris betrachtet wurde. Der persische Sonnenkult des Stiergottes Mithras war im Römischen Reich weit verbreitet. Bei den Römern stand Taurus für den Weingott Bacchus. Bei den Festen, die ihm zu Ehren gefeiert wurden, umringten tanzende Mädchen einen blumengeschmückten Stier.
Die Israeliten verehrten das Goldene Kalb. Auch bei den Arabern, in Persien, Syrien, in der Türkei, im Jüdischen Shor und selbst bei den Indios am Amazonas wurde dieses Sternbild Stier genannt.
In China waren diese Sterne Teil des „Weißen Tigers“. Im hebräischen Tierkreis markiert der Stier den ersten Buchstaben des Alphabets, nämlich Aleph. Im christlichen Sternbilderreigen sieht man hier den Heiligen Andreas. Monika Geier